Sci-Fi Serie „Dark Matter“: Mit Volldampf durchs Multiversum
Die Serie „Dark Matter“ setzt das quantentheoretische Paradox von Schrödingers Katze als spannenden Thriller um. Und reist durch Paralleluniversen.
Als Physikprofessor Jason Dessen (Joel Edgerton) wieder zu Bewusstsein kommt, nachdem er bei einem Raubüberfall bewusstlos geschlagen wurde, ist alles anders. Der nette Familienmensch und College-Professor ist plötzlich erfolgreicher Physiker, leitet eine riesige Forschungsstelle und in seinem Wohnhaus findet er nicht Ehefrau Daniela (Jennifer Connelly) und Sohn Charlie (Oakes Fegley) vor, sondern eine fremde Frau namens Amanda (Alice Braga), die behauptet, mit ihm zusammen zu sein. Verliert er den Verstand oder was passiert da?
In der Apple TV+-Serie „Dark Matter“, der Verfilmung des gleichnamigen Science-Fiction-Romans (2016) von Blake Crouch, wird das quantenphysikalische Paradox der Superposition dramaturgisch durchgespielt, das als Gedankenexperiment allgemein auch als „Schrödingers Katze“ bekannt ist.
In der abgeschlossenen Box kann die Katze tot oder lebendig sein, so wie in der Quantenphysik Elemente sich in zwei sich überlagernden Zuständen befinden können. Dieses Paradox nimmt Crouch, der auch das Serienskript geschrieben hat, als Ausgang, um seinen Helden durch verschiedene, sich überlagernde Realitäten eines Multiversums wandern zu lassen.
Schwerwiegende Entscheidungen
Denn Jason Dessen wird von seinem eigenen Ich aus einer anderen Realität überfallen, der eine Box zum Reisen durchs Multiversum gebaut hat, in der sich Türen in andere Dimensionen öffnen, und der nun die Rollen tauschen will.
Dabei kapert der erfolgreiche, durchsetzungsfähige und rücksichtslose Wissenschaftler das Leben des sympathischen Familienvaters, der am College jobbt, die Idee des Multiversums als junger Mann mal durchspielte, ohne weiter dazu zu forschen, aber die Liebe seines Lebens geheiratet hat. Das hört sich recht banal und schmalzig an, wird dramaturgisch aber gekonnt in Szene gesetzt.
Welche Entscheidungen verändern die einzelnen Biografien? In der Welt, in die Jason von seinem Alter Ego gebracht wird, ist seine Frau Daniela erfolgreiche Künstlerin und nicht mit ihm verheiratet, während sie in seiner Realität in einer Galerie arbeitet und die Kunst mit beginnender Schwangerschaft an den Nagel gehängt hat. „Soll das heißen, wir sind langweilig in dieser anderen Realität?“, fragt ihn die Erfolgs-Daniela in der Parallelwelt und zieht die Augenbraue hoch.
Eine Prise Horror
Der entführte Jason versucht natürlich, in seine Welt zurückzukehren, nur ist das gar nicht so einfach. Er stolpert durch verschiedene parallele Realitäten, in denen mal bombastisch die Welt untergeht und Gebäude einstürzen. Oder dort wütet eine Pandemie und er findet seine sterbende Frau vor. In einer anderen Welt überflutet der Eriesee Chicago oder er reist in seine Heimatstadt, die eine ökologische und gewaltfreie Vorzeigemetropole geworden ist.
Die Ängste, Sorgen und Hoffnungen des mittels der Box durchs Multiversum Reisenden erschaffen die jeweilige Parallelwelt. Das ist spannend gemacht und gipfelt in einem furiosen Finale, in dem der Held nach Hause in seine Realität findet. Nur sind dort plötzlich Hunderte von Jasons, die alle durch die einzelnen Reisen in verschiedene Welten entstanden sind.
„Dark Matter“
erste Staffel, 9 Folgen
ab 8.5. auf Apple TV+
Der Neunteiler lebt weniger von teuren Special Effects als vielmehr von der spannenden wissenschaftsfiktionalen Inszenierung eines physikalischen Paradoxes mit sehenswertem Staraufgebot. Das ist stellenweise actionlastig, wartet auch mal mit einer Prise Horror auf und wird insgesamt sehr flott und bis zuletzt spannend erzählt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach