Schwere Kämpfe im Ostkongo: Der Krieg eskaliert
Im Großteil der Demokratischen Republik Kongo (DRK) geht der Wahlkampf in die heiße Phase. Währenddessen wird im Osten wieder scharf geschossen.
Das militärische Vorgehen ist offenbar Teil von Präsident Felix Tshisekedis Wahlkampfstrategie – Ende Dezember stehen Wahlen an. Als dieser 2019 nach umstrittenen Wahlen sein Amt antrat, versprach er in einer feurigen Rede, dass er im Ostkongo die zahlreichen Milizen zerschlagen und Friede herstellen werde. Davon ist der Ostkongo, nachdem die M23 seit 2021 weite Landstriche eingenommen hat, weiter entfernt als je zuvor.
Mit einer erneuten Offensive will er offenbar versuchen, dieses wichtige Versprechen doch noch wahr zu machen. Vergangene Woche war Armeechef General Christian Tshiwewe aus Kinshasa in den Osten gereist, um an den Frontlinien seinen Truppen Moral zuzusprechen. In diesem Zug ernannte er Sikabwe Fall, bisher Chef des Heeres, als neuen Kommandanten über die Offensive in Nord-Kivu. Der gestandene General hat bereits in der Vergangenheit Großoffensiven im Osten angeführt und gilt als Haudegen.
Lokale Milizen und Söldner aus Osteuropa
„Wir werden derzeit von allen Seiten angegriffen, sowohl auf dem Boden als auch aus der Luft“, erklärt M23-Rebellenpräsident Bertrand Bisimwa der taz am Telefon. Kongos Armee hat in den vergangenen Wochen sämtliche Kräfte rund um Goma zusammengezogen, um eine Großoffensive gegen die Tutsi-Rebellen der M23 zu starten. Zahlreiche lokale Milizen wurden in die Reihen der kongolesischen Armee integriert, um deren Kampfkraft zu erhöhen.
Auch Söldner aus Osteuropa, vor allem aus Rumänien, kämpfen im Auftrag von Kongos Regierung. Bewaffnete Drohnen, Kampfjets und Hubschrauber warfen in den vergangenen Tagen Bomben über den M23-Stellungen ab. Erneut mussten Tausende Zivilisten vor den Luftangriffen fliehen.
Die UN-Mission im Kongo (Monusco) mit ihren 14.000 Blauhelmsoldaten wurde ebenso in die Militäroperationen miteinbezogen. Monusco-Soldaten wurden am Stadtrand stationiert, um Goma zu verteidigen. Mehrfach hat die M23 in der Vergangenheit gedroht, Goma anzugreifen. So gelang es ihnen 2012, die Armee zu schlagen und die Regierung an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Burundische Soldaten als Kriegsgefangene
Zu heftigen Gefechten kam es vor allem in den Masisi-Bergen, nordwestlich von Goma, woher die meisten M23-Kämpfer stammen. Die Stadt Kitchanga, wo sich mehrere Handelsstraßen treffen, ist heiß umkämpft. Laut der M23 wurden bei den Kämpfen dort auch Kriegsgefangene gemacht.
„Bei deren Befragung stellte sich dann heraus, dass es sich um burundische Soldaten handelt, die von Kongos Regierung angeheuert wurden“, so Bisimwa gegenüber der taz. M23-Sprecher Willy Ngoma paradierte die burundischen Soldaten vor den Kameras der lokalen Journalisten. Auf der lokalen burundischen Sprache Kirundi geben sie zu, dass sie in kongolesische Uniformen schlüpfen mussten und in Kongos Kampftruppen integriert worden seien.
Dies macht nun die Lage noch komplizierter. Denn burundische Einheiten sind auch offiziell im Ostkongo stationiert – unter einem Mandat der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) im Rahmen einer regionalen Friedensanstrengung, um ein Waffenstillstandsabkommen zu überwachen, woraus sich die M23 zurückgezogen hat.
Kriegsgefangene werden an rotes Kreuz übergeben
Das EAC-Mandat erklärt die ausländischen Truppen als „neutral“. Das Oberkommando über die EAC-Truppen hat ausgerechnet ein burundischer General. Dass Burundis Regierung, die traditionell Kongos Regierung in Kinshasa nahesteht, nun auch bilateral noch zusätzlich Soldaten entsendet, um Kongos Armee aktiv im Kampf gegen die M23 zu helfen, macht sie in den Augen der M23 parteiisch.
Hals über Kopf brachen in den vergangenen Tagen die burundisichen EAC-Truppen, stationiert in Kitchanga, ihre Zelte dort ab. Burundis Armeesprecher, Oberst Floribert Biyereke, erklärte am Donnerstag: „Das burundische Kontingent, stationiert im Rahmen der EAC-Truppen, ist gezwungen, angemessene Maßnahmen zu ergreifen.“ Er mahnte die anderen Kontingente aus Kenia, Uganda und Südsudan, weiter den Befehlen des burundischen Kommandanten der EAC-Truppen zu folgen.
Das burundische Doppelspiel hat innerhalb der EAC-Regionaltruppen zu Querelen geführt, berichten verschiedene Quellen innerhalb der Kontingente der taz. M23-Chef Bisimwa versichert auf taz-Anfrage, dass die M23 ihre Kriegsgefangenen demnächst an das Rote Kreuz übergeben werden, auch die Burundier.
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