: Schwarze Sheriffs aus Tel Aviv
■ Sicherheitspersonal aus Israel soll die Objekte der Jüdischen Gemeinde in Berlin besser schützen als deutsche Polizisten
bernehmen israelische Sicherheitskräfte in Zukunft das, was deutsche Polizisten nicht schaffen? Pläne der Jüdischen Gemeinde Berlin sehen jetzt vor, ihre Einrichtungen und Gedenkstätten in der Stadt verstärkt durch Wachleute aus Israel schützen zu lassen. Zugleich beinhalten die Vorstellungen der Gemeinde, über eine Sicherheitszentrale den Schutz von Objekten wie Synagogen, Gemeindezentren und Friedhöfe zu organisieren. Der Anspruch, dass nur die Polizei als Organ der Exekutive jüdische Institutionen – ebenso wie die anderer Glaubensgemeinschaften in Deutschland – bewachen kann, wäre damit eingeschränkt.
Hintergrund des Gemeinde-Vorstoßes sind die jüngsten Anschläge auf den Friedhof in Weißensee. 103 Gräber waren im Oktober auf dem größten jüdischen Friedhof Europas geschändet worden, Grabplatten zerstört und umgeworfen worden. Hintergrund ist aber auch, dass bei der Demonstration von Kurden vor dem israelischen Generalkonsulat anfangs nur drei Schutzbeamte vor Ort waren. Beim Sturm auf das Konsulat zu Beginn des Jahres erschossen Israelis vier Kurden. Der Berliner Innenverwaltung waren später massive Versäumnisse beim Objektschutz nachgewiesen worden.
Für Andreas Nachama, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Berlin, bedeuten die Päne nicht, dass Israelis nun die Aufgaben der Polizei übernehmen. Es bestehe ein „Konsens“ mit dem Innensenator, dass „die Berliner Polizei verantwortlich für den Schutz der jüdischen Einrichtungen“ bleibe. Verhandelt werden solle mit der Innenverwaltung jetzt, welche Aufgaben die auswärtigen Sicherheitsexperten innerhalb der Gebäude und Anwesen wahrnehmen dürfen.
Nachama wies den Vorwurf zurück, dass dabei auch Wachschützer vor den Gebäuden zum Einsatz kommen und die Rolle der Polizei übernehmen könnten. Gemeindemitglieder hatten sich skeptisch zum Einsatz des Sicherheitspersonals geäußert und auf die Schießereien vor dem Generalkonsulat verwiesen.
Innensenator Eckart Werthebach (CDU) sind die Pläne der Jüdischen Gemeinde bekannt. Die angepeilte Sicherheitszentrale sowie der verstärkte Wachschutz seien Themen bei einem Treffen zwischen der Innenverwaltung und Gemeinde in der kommenden Woche, sagte Isabelle Kalbitzer, Pressesprecherin Werthebachs. Im Vorfeld des Treffens wolle die Verwaltung aber keine Aussagen machen über die besondere Bedeutung israelischer Sicherheitsleute und die Rolle der Berliner Polizei und deren Aufgaben, so die Sprecherin. „Die Jüdische Gemeinde war die Initiatorin“, sagte Kalbitzer. Werthebach wolle der Diskussion nicht vorweggreifen.
Dass der Innensenator dem Konzept im Sinne der Jüdischen Gemeinde zustimmen könnte, zeigt nicht nur, dass bereits israelische Wachleute etwa an den Synagogen in der Rykestraße und Oranienburgerstraße ihren Dienst tun. Auch der jüdische Friedhof wird nach Gesprächen zwischen der Verwaltung und der Gemeinde nach deren Anforderungen neu gesichert. Um den Schutz der Friedhöfe zu verbessern, hatte die Gemeinde die Nutzung von sogenannten Lichtwellenleitern vorgeschlagen. Diese Instrumente, die an der Friedhofsmauer befestigt werden, reagieren auf Stösse und Erschütterungen und sind mit Videokameras gekoppelt. Ausserdem scheint ausgemacht, dass die Mauer um den Weißenseer Friedhof auf 2,50 Meter erhöht wird. Der Abschreckungseffekt, hofft Werthebach, werde damit vergrößert. Hinweise auf die nächtlichen Grabschänder fehlen bislang. Rolf Lautenschläger
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