Schwarz-grüne Annäherung: Mit dem „Hauptgegner“ zum Italiener
Schwarz-Grün mag tot erscheinen, die Pizza-Connection macht weiter: Die Gesprächsrunde zwischen Abgeordneten von Grünen und Union trifft sich wieder.
Der Stammsitz der Pizza-Connection ist nicht totzukriegen. Zu Zeiten der Bonner Republik traf sich im Ristorante Sassella die Politprominenz, in den Neunzigern gründete sich dort auch der legendäre Gesprächskreis aus Abgeordneten von Union und Grünen. Der Wegzug der Regierung zur Jahrtausendwende schadete natürlich dem Geschäft, später brachte die Coronapandemie Verluste. Diesen Juni erschienen in Regionalmedien schließlich Nachrufe auf das Restaurant: Die Inhaber machten aus Altersgründen dicht.
Inzwischen läuft der Laden aber wieder. Ein Nachkomme der alten Wirte hat die Gaststätte übernommen. Nach fünf Monaten Umbauarbeiten ging es Mitte Oktober weiter.
Ganz ähnlich wie bei der Pizza-Connection an sich. Die Runde, die in Bonn einst erste schwarz-grüne Gemeinsamkeiten auslotete, war über die Jahrzehnte zwar immer mal wieder eingeschlafen. Genauso oft wurde sie von nachfolgenden Abgeordnetengenerationen aber wiedererweckt. Im Moment mag Schwarz-Grün zumindest im Bund tot erscheinen. Schon weit vor der letzten Bundestagswahl erklärte Friedrich Merz als CDU-Chef die Grünen zum „Hauptgegner“, und große Teile der Union sind davon bis jetzt nicht abgerückt. Die Pizza-Connection aber macht weiter.
Ein Teilnehmer
Nach Angaben aus Grünen-Kreisen trifft sich der Zirkel auch in der neuen Legislaturperiode, ein erstes Treffen gab es im Oktober. Wie in den vergangenen Jahre koordiniere für die Grünen die Abgeordnete Claudia Müller die Zusammenkünfte. Die Fraktionsspitzen seien normalerweise nicht dabei, könnten aber je nach Anlass eingeladen werde. Darüber hinaus soll, wie in der Vergangenheit, nicht viel nach außen dringen.
„Ja, die Pizza-Connection pflegt selbstverständlich weiterhin ihren Austausch und trifft sich regelmäßig“, sagte ein Mitglied der Runde der taz. „Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, dass demokratische Fraktionen in Kontakt bleiben. Über die Teilnehmenden ist Stillschweigen vereinbart worden, und das Menü wechselt regelmäßig – meistens gibt es jedoch Pasta.“
Auch im Sassella keine Pizza
So wie einst im Sassella also. Berichten zufolge stand Pizza dort gar nicht auf der Speisekarte. Seinen Namen soll die Runde vom damaligen CSU-Generalsekretär Bernd Protzner erhalten haben, der die schwarz-grüne Annäherung ablehnte. Als Teilnehmer der frühen Jahre gelten unter anderem Armin Laschet und Cem Özdemir, später leiteten zeitweise Jens Spahn und Omid Nouripour den Kreis.
Die Runden waren oft breit zusammengesetzt, Mitglieder der Pizza-Connection kamen aus verschiedenen Flügeln der jeweiligen Parteien. Zu einer schwarz-grünen Koalition im Bund führten die Annäherungsversuche aber nie – und über die Jahre gab es auch immer kritische Blicke auf den Zirkel. „Das waren totale Laberrunden. Inhaltlich hat uns das überhaupt nicht nähergebracht“, berichtete in der taz 2022 ein Grüner, der mehrmals an Treffen teilnahm.
Immer wieder gab es in der Vergangenheit auch vergleichbare Gesprächsrunden zwischen Abgeordneten von SPD, Linken und Grünen. In dieser Legislaturperiode hat sich aber noch kein rot-rot-grünes Gegenstück zur Pizza-Connection gebildet.
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