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Schwache Anti-AfD-Demo„In Kreuzberg wären wir mehr gewesen“

Warum fiel der Gegenprotest zur AfD-Großdemo so schwach aus? Der Sprecher des Bündnisses „Stopp AfD“ zieht ein erstes Fazit.

Großes Banner, wenige dahinter - enttäuschender Auftritt der AfD-GegnerInnen in Berlin Foto: dpa
Interview von Hannah Wagner

taz: Herr Meier, den rund 5.000 AfD-AnhängerInnen standen am Samstag lediglich 1.100 GegendemonstrantInnen gegenüber. Woran lag das?

Thomas Meier: Wir haben mit unserer Mobilisierung offensichtlich vor allem organisierte linke Gruppen erreicht und nicht den breiten Teil der Bevölkerung. Das lag in erster Linie daran, dass wir erst vor drei Wochen mit der Planung begonnen haben und deshalb wenig Zeit für die Mobilisierung hatten. In Zukunft müssen wir uns stärker mit anderen Gruppen vernetzen, mehr Leute ins Bündnis holen und mit Plakaten und Flyern besser auf uns aufmerksam machen. Das sind allerdings nur erste Überlegungen, ein ausführliches Auswertungstreffen mit allen Bündnispartnern steht noch aus.

Schon zu den letzten AfD-Demos in Berlin kamen relativ wenige GegendemonstrantInnen. Ist Berlin demomüde?

Das würde ich so nicht sagen. Berlin ist einfach eine riesige Stadt, und die Gefahr ist hier immer groß, dass sich niemand verantwortlich fühlt. Abgesehen davon ist die Mobilisierung in einem Bezirk wie Mitte, der relativ weit weg von den Wohn­kiezen liegt, besonders schwierig. Hätte die AfD-Demo beispielsweise in Kreuzberg stattgefunden, wären mit Sicherheit mehr Leute zur Gegendemo gekommen. Trotzdem: Die Zahl der GegendemonstrantInnen darf man nun auch nicht kleiner darstellen, als sie war; 1.100 Menschen sind durchaus eine beträchtliche Menge. Die AfD-AnhängerInnen haben immer wieder mitbekommen, dass es Widerspruch gab – auch wenn es uns leider nicht gelungen ist, ihre Demoroute zu blockieren.

Im Interview: 

30, Sprecher des Bündnisses „Stopp AfD“, das aus linken Parteien und Organisationen wie der Linken, der Antifa und No Bärgida besteht.

Wurden die Mobilisierungskapazitäten der AfD unterschätzt?

Dass der AfD-Aufmarsch groß werden würde, war uns durchaus klar. In meinen Augen lag das Problem vielmehr darin, dass die AfD von vielen nicht als rechte Partei ernst genommen, sondern fälschlicherweise in die bürgerliche Ecke gestellt wurde. Das lag nicht zuletzt an den Vorberichten in den Medien.

Inwiefern?

Dort wurde fast nie auf die klar rassistische Ausrichtung der AfD hingewiesen und so konnte die Partei ihre Hetzte relativ ungehindert verbreiten. Das ist aber nun auch ein Signal an Bündnisse wie uns: Es ist unsere Aufgabe, der Bevölkerung klar zu machen, welche Gefahr von der AfD ausgeht. Das ist uns im Vorfeld dieser Demo bedauerlicherweise nicht gelungen.

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4 Kommentare

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  • Liebe Berlinerinnen und Berliner ,

     

    unfassbar , was ist das hier ? Tanz auf dem Vulkan ?

    Am Wochenende liefen geschätzt 5000 rechtspopulistische

    offen fremdenfeindliche Rassisten über euren Alex weiter

    Unter den Linden bis zur unsäglichen widerwertigen Abschlusskundgebung am Hauptbahnhof. Die die hier rumheulen dass sie deshalb als Nazis beschimpft wurden, wird gefragt: Was war das denn sonst ? Regierung abschaffen und was dann noch abschaffen ? Kennen wir alles schon. Das ist woran "A"fD und Konsorten arbeiten. Die Flüchtlinge sind das gefundene Fressen und Sündenbock. Gar nicht schlau von diesen platten Propagandisten und geistigen Brandstiftern, wenn der Großteil des Volkes, denn die "Besorgten" im Schafspelz sind ein Volksgemeinschafts Verein, mal die Augen auf und den Hintern hoch bekommen.

    Gegen Chlor- Hühnchen, Gen-Mais und vorauszusehende Aushöhlung des Arbeitsrechtes

    im Rahmen des noch nicht ratifizierten TTIP Abkommens bekommt diese Stadt,

    welche sich mit nichts anderen als mit gesundem Öko Essen ,Esoterik etc. zu beschäftigen scheint,

    100 000 Menschen über den Verein „Mehr Demokratie“ auf die Straße und feiert sich zu recht.

    Gegen die wirkliche und zunehmende Dummheiten Rechts Bedrohung von mit kleinbürgerlichen faschistoiden „A“fD

    Anhängern sind 1100 Berliner organisiert wurden,

    die sich gegen menschenverachtende und demokratieabschaffende Hetzparolen und Plakate am Samstag gestellt haben. Da sagt "A"fD ja die wurden von der Regierung bezahlt, um so schlimmer. Und dann tuen diese vergnatzen in Dunkelheit lebenden "Abendlandretter " so als wären sie nicht gewalttätig.. nicht physisch, das Gift was da verspritzt wird ist giftiger als als Kohlenmonoxid.

     

    Der Weg ist ja frei wenn Leute Samstags lieber im Café sitzen ihren Latte macchiato Sojamilch

    Lactose Frei schlürfen und wie die Schafe zugucken wie ihre Freiheit abgeschafft werden soll .

    Das hat diese freiheitsliebende Stadt und das ganze Land nicht verdient.

  • Wenn ich dazu mal etwas schreiben dürfte: Die Strategie der pauschalen Verunglimpfung hat Grenzen. Wer undifferenziert alle Demo-Teilnehmer über die Absperrung hinweg als Nazis beschimpft, ihnen im Vorwege den Zugang zum Versammlungsort verwehren will, im Nachlauf sich Jagdszenen im Hauptbahnhof liefert, hat in der jetzigen Situation folgende Aspekte nicht einkalkuliert: Den Abnutzungseffekt und die Trotzreaktion. Es wäre besser, wenn untereinander die kritische Kommunikation verbessert würde, als sich gegenseitig als 'Nazis' zu beschimpfen. Und mal ehrlich: Die Gegendemonstranten um die gewaltbereite Antifa bedienten sich in ihren gewählten Ausdrucksmitteln wohl eher der Formensprache der Nazis, als die AfD-Teilnehmer.

    • @Oliver Meier:

      A propos Abnutzungseffekt: die Methode, die Gegner der Nazis als Nazis zu beschimpfen, ist ja wohl auch nix Neues.

  • Die Einschätzung von Herrn Wagner, das Problem sei, dass die AfD un den Medien zu bürgerlich dargestellt und zu wenig ausgegrenzt werde, teile ich nicht. Das bürgerliche Image gibt sich die AfD selbst - und gerade eine Gesellschaft, die das Eintreten gegen deren giftige, entsolidarisierende Mobilmachung allein der Antifa überlässt, macht es sich zu bequem und sorgt dafür, dass der AfD genau das gelingt. Die Woche davor war ich zwischen beiden Demos. Natürlich war es wieder alarmierend und ekelhaft, wie Gauland und Konsorten unter Berufung auf Kant(!!!) und Goethe polemisierten und Angst schürten. Aber das Skandieren der Gegendemonstranten "Halt die Fresse! halt die Fresse!" und das Blockieren der Demonstrationsroute scheint mir jedenfalls auch kein dauerhaft hilfreicher Beitrag zu sein. Am Montag darauf meldeten alle Berliner Medien B.Z. bis zum Tagesspiegel -, 350 Menschen seien dem Aufruf der Parteien des Abgeordnetenhauses gefolgt und hätten für ein tolerantes und weltoffenes Berlin demonstriert... Und in der Ankündigung der Veranstalter für die hier besprochene Gegendemo am 7. 11. war zu lesen, man werde sich spontan zu diversen "Aktionen" verabreden, denn die "Bullen" (sic und mehrmals) könnten so eine lange Demonstrationsroute nicht sichern. Soll ich zu einer solchen Demonstration mit meinen Kindern gehen? Nein. Und ich werde auch allein nicht wieder hingehen. Ines Kappert hat recht, wenn sie beklagt, dass es keine eigene Mobilisierung für eine humane und an den Grundrechten orientierte Flüchtlingspolitik gibt, sondern nur eine Anti-Pegida und Anti-AfD-Mobilisierung gibt. Und selbst die ist in Berlin noch lausig!