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Schutz für GeflüchteteDem Bruch lauter entgegentreten

Ein virtuelles Treffen in Sachen Kirchenasyl findet positives Abschlussstatement. Berliner Bischof verteidigt das Recht, Geflüchtete zu schützen.

Kirchenasyl ist ein humanitäres Ausnahmerecht Foto: imago

Berlin taz | Acht Mal haben deutsche Behörden in den zurückliegenden Monaten Kirchenasyle gebrochen. Dies geschah in Hamburg, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. Nur zwei dieser Fälle wurden bekannt: Letzten Dezember holten Polizisten in voller Kampfkleidung eine sechsköpfige afghanische Familie aus einer Gemeindewohnung in Schwerin. Und diesen Herbst schoben Polizisten einen Afghanen aus einer Hamburger Kirchenwohnung nach Schweden ab.

Am Mittwoch trafen sich VertreterInnen der Kirchenasylbewegung in einem Webinar und befanden: Wir müssen dem lauter entgegentreten! „Das müssen wir im Interesse der Betroffenen tun, aber auch im Interesse der Gesellschaft, denn Kirchenasyl ist ein humanitäres Ausnahmerecht, das die Gesellschaft braucht“, sagt der evangelische Bischof von Berlin, Christian Stäblein.

„Ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der es kein Kirchenasyl und keine geschützten Räume gibt“, so Stäblein weiter, der auch Flüchtlingsbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland ist. Es sei eine Illusion, „durch Abwehr ließe sich Migration steuern“.

Mehr als 2.000 Kirchenasyle gibt es derzeit in katholischen, evangelischen und in Freikirchen. Was unterschied die acht Fälle von den anderen? Wenig, findet Dietlind Jochims von Asyl in der Kirche. „Die Gemeinden haben nichts falsch gemacht.“

Stimmung ist ungut

Die Abschiebungen aus dem Kirchenasyl heraus seien eher der politischen Stimmung geschuldet, die zu wenige Abschiebungen beklagt und zu viele Kirchenasyle. Eins hätten diese acht Fälle dann allerdings doch gemeinsam: Das Härtefalldosier, das Asyl in der Kirche geschrieben hätte, um gegenüber den Behörden einen Verbleib der Flüchtlinge in Deutschland zu begründen, sei vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt worden.

Das aber, so Jochims, sei nichts Besonderes, das geschehe in zahlreichen anderen Fällen auch. Und hier sei es wiederum die politische Stimmung, die in diesen Einzelfällen die Ausländerbehörden zur Abschiebung motiviert hätte.

Kirchenasyl gewähren christliche Gemeinden an Geflüchtete, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, bei denen eine Abschiebung aber eine unzumutbare Härte darstellen würde. Das Kirchen­asyl gibt den Behörden Zeit, den Fall noch einmal zu prüfen. Fast alle Kirchenasyle betreffen derzeit sogenannte Dublin-Fälle, also Menschen, die in den EU-Staat zurückgeschickt werden sollen, den sie bei ihrer Flucht zuerst erreicht hatten. Das kann Bulgarien sein, wo Flüchtlinge monatelang inhaftiert wurden, Polen und Litauen, von wo aus sie nach Belarus zurückgeprügelt wurden, oder auch Schweden, das Asylanträge nicht nachvollziehbar ablehnt.

Kirchenasyl ist ein humanitäres Ausnahmerecht, das die Gesellschaft braucht Christian Stäblein, ev. Bischof von Berlin

Oft hilft das Kirchenasyl dann einfach, die Frist zu überbrücken, während der diese Staaten bereit und verpflichtet sind, die Asylbewerber zurückzunehmen. Somit sind fast alle Kirchenasyle erfolgreich. Kirchenasyle sind nicht illegal, ihr Bruch durch die Polizei ist es aber auch nicht. Doch der Bruch verletzt einen jahrzehntelangen Brauch und den Respekt vor der Institution Kirche.

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7 Kommentare

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  • "Doch der Bruch verletzt einen jahrzehntelangen Brauch und den Respekt vor der Institution Kirche." Ich denke die Kirche hat in der Vergangenheit genug getan, damit jeder klar denkende Mensch jeglichen Respekt vor so einer Institution verliert.

  • Das Schöne am Kirchenasyl, aus Sicht der Kirchen, ist natürlich, dass die Kirchen keinerlei finanzielle Bürgschaften übernehmen, sondern nach individueller, von staatlichen Normen völlig losgelöster Gewährung des Asyls sämtliche Folgekosten dem Staat aufdrücken, auch und gerade wenn das Asyl staatlicherseits dann irgendwann endgültig abgelehnt wird. So kann man arbeiten!

  • Die Wiederholung macht es auch nicht wahr, es gibt kein Kirchenasyl in einem demokratischen Rechtsstaat.

    Wer die Abschiebung, eines Dublin-Falles, in das zuständige Erstaufnahmeland, mit Zweifeln, an deren rechtsstaatlichem Vorgehen ablehnt, sollte konsequenterweise die EU Mitgliedschaft dieser Staaten auch gleich ablehnen.

    Hier wird, das erzwungene Überschreiten der Auslieferungsfrist und das damit erzwungene Asylverfahren in Deutschland als Erfolg gesehen.



    Wer wissen will, wie die Ablehnung dieser Migration erzwungen wurde, hier wird er fündig.

    Die selbsternannten Retter zwingen der Gesellschaft ihre Entscheidung und alle Folgen auf.



    Dieses Maß an Selbstgerechtigkeit hält kein Land aus.

  • Zitat: "Fast alle Kirchenasyle betreffen derzeit sogenannte Dublin-Fälle, also Menschen, die in den EU-Staat zurückgeschickt werden sollen, den sie bei ihrer Flucht zuerst erreicht hatten".

    Wenn das so ist, finde ich es richtig, dass die Behörden zwar prüfen, bei einer Ablehnung das Kirchenasyl aber endet. Denn für die Frage, ob das Zielland (in der EU!) sicher ist, sind die Verwaltungsgerichte zuständig.

    Alternativ könnten die Kirchen sich auch bereit erklären, sämtliche Kosten, die für die betreffenden Personen anfallen, auch nach Ablauf der Frist zur Rückschiebung zu übernehmen.

  • Ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der es Sonderrechte für religiöse Machtstrukturen gibt.

    Und gerade dass die betroffenen Personen trotz negativem Bescheid oder Dublin-Regelung dann aus verfahrenstechnischen Gründen doch hierbleiben schleift die Akzeptanz des Asylsystems.

  • Es ist ungewohnt, in der taz ein Plädoyer für kirchliche Sonderrechte zu lesen ...

    • @Frauke Z:

      Was wäre, wenn auch Moscheen solch Sonderrecht im Asylrecht in Anspruch nähme?