Schutz der Natur in Europa: Noch einmal davon gekommen
Es wird oft Unsinn verzapft, wenn die Rede auf die Renaturierung kommt. Im Kampf um das Für und Wider sind die Kräfte recht gleichmäßig verteilt.
D ie Abstimmung über das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur ist unentschieden ausgegangen – auch wenn die EU-Abgeordneten nach heftigem Streit am Ende mit knapper Mehrheit für das Gesetz stimmten. Zwar hat die Auseinandersetzung interessante Allianzen für eine ambitionierte Naturschutzpolitik gezeigt, bestehend aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Sie hat aber auch das enorme Populismus-Potenzial von Umweltthemen verdeutlicht.
Manfred Webers EVP hat dieses Potenzial ausgetestet und gemeinsam mit Ultrarechten das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zwar nicht gestoppt, aber massiv abgeschwächt. Diskurse über komplexe Themen wie die Wärme-, die Agrar- oder die Verkehrswende sind deshalb anfällig für Populismus, weil sich wunderbar leicht erzählbare Konflikte hineinprojizieren lassen: Zwischen Stadt und Land, Arm und Reich, „grünen Ideologen“ und „vernünftigen Pragmatikern“.
Zwar sind diese Konfliktlinien schief gezogen: Von Artenvielfalt und Feuchtgebieten profitieren vor allem Landwirte; von autofreien Zonen und einem guten öffentlichen Nahverkehr Arme, die sich kein Auto leisten können und an den städtischen Ausfallstraßen wohnen, auf denen die SUV-Fahrer in die Vororte brettern. Trotzdem verfängt rechter Populismus, weil er in der Bevölkerung auf einen Resonanzboden aus ökonomischer Verunsicherung und Angst vor Veränderung trifft.
Im aktuellen Fall ist der EU-Naturschutz noch einmal davongekommen, weil Webers Getrickse im Parlament zu platt und vielen Konservativen der Gegenwind vor allem aus Wirtschaftsverbänden und Wissenschaft gegen ihr Abstimmungsverhalten wohl unheimlich war. Den Befürwortern der öko-sozialen Transformation allerdings wurde demonstriert, wie leicht sie in Brüssel in die Defensive geraten können.
Als Gewinner können sie sich deshalb nicht fühlen. Sie sind Akteure eines Machtkampfs, in dem die Kräfte in etwa gleich verteilt sind – noch. Nächstes Jahr sind nämlich Wahlen in Europa.
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