Schummelärzte in Deutschland: Auf Herz und Lungen geprüft
Aus einem Jahresbericht geht hervor: Fünf Kliniken sollen bei der Vergabe von Herzen und Lungen manipuliert haben.
In dem Jahresbericht ihrer gemeinsamen „Prüf- und Überwachungskommission“, den sie am Donnerstag in Berlin vorlegten, sind für den Zeitraum zwischen 2010 und 2012 insgesamt 88 Manipulationen bei Herzspenden und 47 bei Lungenspenden dokumentiert. Keine Auffälligkeiten dagegen fanden die Prüfer bei den ebenfalls untersuchten Nieren- und Bauchspeicheldrüsentransplantationen.
Insgesamt gab es in dem Zeitraum fast 11.000 postmortale Spenden von Herzen, Lungen, Nieren und Bauchspeicheldrüsen. Die Vorsitzende der Prüfkommission, Anne-Gret Rinder, sprach von einem „Kulturwandel“ an den Kliniken, seit vor drei Jahren der Organskandal mit massiven Datenmanipulationen an mehreren Leberzentren die deutsche Transplantationsmedizin in Verruf gebracht hatte.
Die neuen Vorwürfe im Bereich der Herztransplantationen richten sich gegen Ärzte am Deutschen Herzzentrum Berlin, die Herzklinik der Uni München sowie die Unikliniken in Jena, Heidelberg und Köln. Bei den Lungen wurden systematische Verstöße in Jena und München festgestellt.
Die Ärzte sollen ihren Patienten verschiedene Herz-Kreislauf-unterstützende Medikamente in einer, vereinfacht gesagt, anderen Dosierung gegeben haben, als sie gegenüber der Organvergabestelle Eurotransplant mitteilten. Dadurch seien die Patienten kränker erschienen, als sie waren. Und hätten so möglicherweise schneller ein Organ erhalten, als andere, weitaus dringlichere Patienten, die deswegen möglicherweise starben.
Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln bereits wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Unklar ist jedoch, ob die umstrittene Medikamentendosierung überhaupt als Verstoß gegen die Richtlinie zur Wartelistenführung und zur Organvergabe gewertet werden darf. Denn die Richtlinie selbst legt gar keine Grenzwerte fest. Hierzu äußern Experten lediglich Empfehlungen ohne normativen Charakter.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Harald Terpe forderte als Konsequenz, die gesetzlichen Regelungen zur Verteilung der Organe müssten „präzisiert“ werden.
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