piwik no script img

Schulschließungen nach WeihnachtenKultusminister für Fernunterricht

Die Bildungsminister geben ihren Widerstand gegen Schulschließungen auf. Auch die Schulen müssten ihren Beitrag zur Eindämmung von Corona leisten.

Auch die SchülerInnen sollen ihren Teil beitragen und zuhause lernen Foto: Ralph Lueger/imago

Berlin taz | Die Schulminister:innen der Länder haben ihren Widerstand gegen die zeitweilige Schließung von Schulen aufgegeben, sollten die Ministerpräsident:innen am Sonntag einen flächendeckenden Lockdown beschließen. „Wir sind bereit, unseren Anteil beizutragen, damit die Infektionen sinken“, sagte die amtierende Präsidentin der Kultuministerkonferenz (KMK) Stefanie Hubig.

Ab dem 4. Januar werde es wohl für zwei bis drei Wochen Fernunterricht geben, erläuterte die SPD-Politikerin nach der KMK-Sitzung am Freitag den einhelligen Diskussionsstand in der Runde der 16 Kultusminister:innen. Einen formalen Beschluss zum Umgang der Schulen mit Corona fasste die KMK in ihrer letzten Sitzung in diesem Jahr nicht.

Schon jetzt schränken immer mehr Bundesländer den Schulbetrieb ein. Nach Niedersachsen wird nun auch Nordrhein-Westfalen ab Montag die Präsenzpflicht vorerst aufheben. Das teilte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Freitag mit. Schüler:innen der unteren Stufen können und sollen dann von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen, ältere Schüler:innen ab Klasse 8 sollen auf Distanz unterrichtet werden. Die Schulferien in NRW werden um zwei Tage verlängert.

KMK-Präsidentin Hubig wandte sich demgegenüber gegen den Vorschlag der Leopoldina, die Weihnachtsferien zu verlängern. Stattdessen sollten Schulen nach Ferienende Fernunterricht und Wechselunterricht anbieten. Jüngere Jahrgänge sollten so schnell wie möglich wieder in den Präsenzunterricht zurückkehren können. Außerdem müsste für die jüngeren Kinder eine Notbetreuung angeboten werden.

Ganz ohne Bedingungen wollen die Kultusminister:innen, die lange Zeit für die Offenhaltung der Schulen votierten, sich also nicht geschlagen geben. Bei der Bekämpfung der Pandemie müssten alle Lebensbereiche in den Blick genommen werden, waren sich Hubig und die Koordinatoren der A- und B-Länder (früher die SPD- und CDU-Seite) einig.

„Wenn wir Schulen schließen, die Einkaufzentren aber offen lassen, wird das nicht viel bewirken“, bekräftigte der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU). Die Schulen seien nicht die entscheidenden Stellschrauben für die Bekämpfung der Pandemie.

Ständige Probleme mit dem Internet

Für den Wechselunterricht, also einen Mix aus digitalem und Präsenzunterricht, sieht Lorz die Schulen gut vorbereitet. Die Hälfte der Schulen in Hessen praktizierten das Modell bereits. Gleichwohl sei Präsenzunterricht, so ihn das Infektionsgeschehen zulasse, nach wie vor am besten, sagte Lorz, auch weil es an vielen Schulen nach wie vor technische Probleme gebe. Während der digitalen Pressekonferenz flog er selbst wegen einer instabilen Internetverbindung ständig aus der Leitung.

Auch der Hamburger Bildungssenator Ties Rabe (SPD) sieht Schulen nach wie vor nicht als Hotspots. Er räumte aber ein, dass sich das Infektionsgeschehen dort widerspiegle.

Das hatte zuletzt auch eine neue, breit angelegte Studie aus Österreich gezeigt. Demnach sind Schulkinder unter 14 Jahren genauso häufig infiziert wie Erwachsene – zeigen aber oft keine Symptome. Auch Rabe, der zuletzt eine Studie in Auftrag gab, die belegen sollten, dass Schulen keine Infektionstreiber sind, stellt sich nicht mehr gegen eine vorübergehende Schließung der Schulen. „Die Infektionszahlen lassen keinen anderen Weg zu“, sagte Rabe.

Wie weiter mit den Prüfungen

Rabe verteidigte die Kultusminister:innen aber gegen Kritik, etwa von der Lehrergewerkschaft GEW, die Schulen hätten viel früher geschlossen werden müssen. Man habe eine Risikoabwägung getroffen, die nach wie vor richtig sei, so Rabe. Es gelte auch die Interessen von Schüler:innen aus sozial schwachen Haushalten und berufstätigen Eltern zu berücksichtigen. „Wir konnten nicht die Interessen einer Berufsgruppe über alles stellen.“

Einen Plan, wie es mittelfristig weitergeht, haben die Kultusminister:innen nicht. „Wieso sollten ausgerechnet die Schulen solch einen Plan haben, wenn es für Gastronomie, Kultur oder den Sport ebenfalls keine gibt“, so Rabe. Die Länder, die solche Stufenpläne für die Schulen aufgestellt hätten, hätten sie auch wieder über Bord werfen müssen.

Wie sich eine Schließung der Schulen auf Abschlussprüfungen und Lehrpläne auswirken wird, darauf wusste KMK-Präsidentin Hubig ebenfalls noch keine Antwort. „Im Moment sind wir noch nicht in der Situtation, die Abschlussprüfungen komplett zu verändern“, so Hubig. Das sei aber keine abschließende Entscheidung.

Diese ist wohl, wie so viele andere Dinge auch, abhängig vom weiteren Verlauf der Pandemie. Und der ist unklar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Ich denke, wer es betreungstechnisch irgendwie einrichten kann, sollte seine Kinder ab Montag aus Kitas und Schulen raushalten.



    Wenn es diese Woche dort noch größere Infektionen gibt, wird es bei Verwandtenbesuchen eine Woche später durch die fast immer symptomfrei infizierten Kindern zur Katastrophe kommen.



    Prof. Drosten erklärte in seinem Podcast vor 4 Tagen noch mal nachdrücklich, dass alle Kinder das Virus weitergeben können, spätestens ab dem Grundschulalter genauso wie Erwachsene.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Beamte warten auf Anweisung.



    Was für ein beschissenes System. Wir müssen ein Schuljahr dranhängen. Alles andere ist Käse.

  • Seit Februar gepennt.



    Schüler gefährdet.



    Bevölkerung gefährdet.



    Mist gebaut.

    Aber nur die Spitze des Eisbergs.



    Jahrelang versagt.

  • 0G
    01068 (Profil gelöscht)

    Dass sie immer noch keinen Plan für geänderte Lehrpläne haben, finde ich skandalös. Und sich, wie Herr Rabe, hinzustellen und zu sagen, wieso sollten wir einen Plan haben, die anderen haben ja auch noch keinen, da fehlen mir die Worte, ganz davon abgesehen, dass der Vergleich Schule und Gastronomie ziemlich daneben ist.

  • Ich bin verwirrt: Seit Monaten heißt es, die Schulen sind sicher - Stoßlüften natürlich vorausgesetzt. Es hat mich schon verwundert, warum man nicht auch Fußballstadien und Konzerthallen und Ballsäle öffnet- Stoßlüften natürlich vorausgesetzt. Dann ist es nämlich sicher.

    Jetzt schließt man diese sicheren Einrichtungen. Warum? Hat jemand nicht gelüftet?

    • @Johann Knigge-Blietschau:

      Kennen Sie die Position in "1984", wo ein Typ eine Rede hält, eine Nachricht zugesteckt bekommt und er dann lückenlos seine Rede fortsetzt, aber mit ganz anderem Inhalt?

  • Juhu Schule zu! Jetzt wird alles gut. Klimawandel verdrängt auf die Bildung gepfiffen aufs soziale sowieso. Unsere Kinder treffen sich gerade mit den Klassenkameraden zum spielen und chillen in der geschlossenen Schule.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Falte:

      Die letzten Tage vor den Ferien passiert in der Schule meiner Erinnerung nach nicht mehr viel Inhaltliches. Jetzt zuzumachen, wo eh die Ferien vor der Tür stehen, scheint mir ein in jeder Hinsicht günstiger Zeitpunkt.

    • @Falte:

      Bildungserfolg entscheidet sich nicht in vierzehn Tagen. Ein Ausbruch schon.

  • Ob mit dem Fernunterricht Corona eingedämmt werden kann ist unsicher.

    Sicher ist dass mit dem Fernunterricht die Bildungschancen vieler Kinder eingedämmt werden.

    • @Argonaut:

      Ich sehe das auch so, nicht jede Familie ist für Onlineunterricht ausgestattet.



      Ausserdem werden die Jugendlichen/älteren Schüler zu einem grossen Teil nicht auf ihre sozialen Kontakte verzichten, in der Schule wären diese Kontakte immerhin kontrolliert mit Maske.

    • @Argonaut:

      Vielleicht ja garnicht unwichtig diese Punkte mal ganz offen auszusprechen !

      Aber ich bin ja nicht der Hellste - helfen Sie mir doch mal auf's Pferd:

      Wo finde ich fundierte Fakten, dass die Eindämmung wirklungslos ist?

      Wo finde ich Fakten, dass ein funktionierender Fernunterricht die Bildungschancen "eindämmt" ?