Schulreinigung in Berlin: Schüler*innen! Identifiziert euch mit der Toilette!
Die Berliner Schulen haben ein Gestank- und Schmutzproblem. Das hat eine neue Befragung ergeben. Die Bildungsverwaltung will sie sich mal ansehen.
Eindeutige Loser unter allen Schulräumen sind die Toiletten. Auf einer Skala von 1 (sehr zufrieden) bis 5 (sehr unzufrieden) wurden sie mit 4,0 bewertet. Es gibt also nur noch wenig Luft nach unten. Die Folge: „25 Prozent der Jugendlichen sagen, dass sie weniger essen und trinken, um in der Schule nicht auf die Toilette zu müssen“, so Svenja Ksoll von der German Toilet Organization. Das könne fatale Auswirkungen auf die Gesundheit haben, so die Projektkoordinatorin.
Die Bildungsverwaltung verfährt derweil nach dem Motto: Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die schönen Stunden nur. „Durch die Einführung der Tagesreinigung 2019 haben wir die Situation bereits verbessert“, sagt Torsten Kühne (CDU), zuständiger Staatssekretär für Schulbaufragen. Sicher, das reiche noch nicht aus. Deshalb, so Kühne, soll jetzt das Reinigungspersonal besser kontrolliert werden.
Konkret sollen alle Hausmeister*innen bis Ende des Jahres mit einem „digitalen Endgerät“ ausgestattet werden, mit dem sie schlechte Säuberung dokumentieren könnten. Zudem werde in jedem Bezirk eine*n Kontrollmanager*in eingestellt, an den die Hausmeister*innen die Verstöße weiterleiten können.
Schlechte Bezahlung und Personalmangel
Das eigentliche Problem – die schlechte Bezahlung der Putzkräfte und der Personalmangel bei den Dienstleistern – wurde von CDU-Mann Kühne bei der Vorstellung der Ergebnisse am Dienstagnachmittag ausgeblendet. Dabei ist laut Befragung genau das einer der Hauptgründe für die Schmuddel- und Stinkzustände. Stattdessen fokussierte man sich auf verschmutzende Schüler, die sich nicht „mit ihren Toiletten identifizieren“ könnten.
Das hat System. Bereits seit Jahren werden Forderungen nach einer Rekommunalisierung der Schulreinigung vom Senat erfolgreich ignoriert. Seit den 90er Jahren beschäftigen die Bezirke kein eigenes Putzpersonal mehr für die Schulen, die Reinigung ist outgesourct an Private, meist an die günstigsten Bewerber. Das führt zu Dumpingpreisen, Ausbeutung der Arbeiter*innen und schmutzigen Schulgebäuden.
Was aus der Befragung jenseits der Digitalausstattung für Hausmeister*innen nun folgt, ist nicht ganz klar. Staatssekretär Kühne sagt, man werde sich „mit den gewonnenen Erkenntnissen intensiv beschäftigen“. Eilt ja auch nicht.
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