IMMER MEHR ISRAELIS SIND FÜR EINE INTERNATIONALE FRIEDENSTRUPPE: Schützt uns vor uns selbst
Die Aversion des offiziellen Israel gegen eine internationale Friedenstruppe ist von außen gesehen nur schwer verständlich. Wenn Ariel Scharon gar behauptet, er betrachte eine internationale Militärpräsenz als „Gefahr für Israels Existenz“, dann zeugt das von seinem abgrundtiefen Misstrauen gegen eine prinzipiell feindliche Welt. Die Vereinten Nationen fungieren im Weltbild des Premiers als Verein, dessen Politik vom Willen arabischer und islamischer Staaten beherrscht wird. Dass Israel seine Existenz einem UN-Beschluss verdankt, hat er vergessen. Lediglich amerikanische Beobachter würde Scharon akzeptieren.
Scharon geht zu Recht davon aus, dass eine internationale Truppe jeden Einmarsch seiner Armee in Palästinensergebiete verhindern würde. Die Vereinigten Staaten dagegen würden wohl ein Auge zudrücken, wenn Israel nur entschieden genug auf der Notwendigkeit militärischer Mittel beharrt. Für die USA scheint eine politische Lösung einzig auf der Basis von Scharons Maximalangebot möglich: einem Palästina-Ministaat, der von israelisch kontrollierten Pufferzonen und jüdischen Siedlungen umzingelt bleibt. Zur Aufrechterhaltung dieses Anspruchs nehmen Israels Politiker zähneknirschend auch fortgesetzten Terror in Kauf. Eine internationale Präsenz, die sich durch Druck zugunsten akzeptablerer Gebietskonzessionen ausdrücken könnte, wird der Bevölkerung dagegen als existenzgefährdend verkauft.
Doch unter den von Terrorangst entnervten Israelis gibt es zunehmend weniger Käufer für solche Propaganda. Während viele sich kaum noch auf die Straße wagen, immer mehr Reservisten zu den Waffen gerufen werden, die Wirtschaft vor die Hunde geht und über 3 Milliarden Euro Extrasteuern zur Finanzierung der „Operation Schutzwall“ anstehen, wächst die Zustimmung zu internationalen Truppen in der Bevölkerung. Dem gab der Haa’retz-Journalist Gideon Levy vergangene Woche Ausdruck, als er unter dem Titel „Nato jetzt“ plädierte: „Israel braucht den Schutz der Welt – sowohl gegen sich selbst als auch gegen jene, die ihm schaden wollen.“ ANNE PONGER
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