Schüsse durch Polizei in Deutschland: Polizei erschoss zehn Menschen
In den vergangenen Jahren ist der Polizeidienst gefährlich geworden. Bei vielen Einsätzen hätten Beamte im Dienst schießen dürfen, konnten aber deeskalieren.

PolizistInnen auf der Wiesn Foto: dpa
ESSEN epd | Die deutsche Polizei hat einem Medienbericht zufolge im Jahr 2015 zehn Menschen erschossen und 22 durch Kugeln verletzt. Das gehe aus einer Statistik der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster im Auftrag der Bundesländer hervor, meldeten die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Donnerstag.
Laut dem Bericht starben bei den Schusswaffeneinsätzen der Polizei drei Menschen mehr als im Vorjahr. 40 Mal hätten die Beamten gezielt auf Personen geschossen, in 34 Fällen aus Notwehr, vier Mal zur Verhinderung von Verbrechen und zwei Mal, um eine Flucht zu vereiteln. Zudem hätten Beamte 48 Warnschüsse abgegeben. 11.884 Mal griffen sie den Angaben zufolge zur Waffe, um kranke, verletzte oder gefährliche Tiere zu töten.
Es gebe „zahlreiche Einsätze mehr, in denen Beamte hätten schießen dürfen, die Kollegen aber durch Abwarten oder Abwägen deeskalieren konnten“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Nach Malchows Worten ist der Polizeidienst in den vergangenen Jahren gefährlicher geworden. Polizeibeamte würden immer häufiger Opfer von Gewalttaten. Diese ereigneten sich großteils im Streifendienst und gingen von Einzeltätern aus.
Leser*innenkommentare
FraMa
Die Polizei braucht für jedes Handeln eine Ermächtigungsgrundlage. Das können die Polizeigesetze der Länder bzw. des Bundes und die Strafprozeßordnung sein. Im hessischen Gesetz über die Sicherheit und Ordnung (HSOG, das hessische Polizeigesetz) steht über den Schußwaffeneinsatz Folgendes drin:
§ 60 HSOG - Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges erfolglos angewendet sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Schusswaffengebrauch gegen Sachen erreicht werden kann.
(2) Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder einer gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.
mowgli
Zehn Tote pro Jahr sind einfach zu viel in einem Land, in dem die Todesstrafe abgeschafft ist. Vor allem dann, wenn in eben jenem Land früher Leute "auf der Flucht erschossen" wurden, wenn man ihnen nichts weiter vorzuwerfen hatte als eine andere politische Meinung.
Wenn ein Täter flüchtet, ist das KEINE Rechtfertigung für den Schusswaffeneinsatz. Es ist höchstens eine Rechtfertigung dafür, dass man eine (neue) Fahndung startet. Ich hoffe, dass man das so auch in der Polizisten-Ausbildung lehrt. Ein ganz klein wenig Vertrauen in die Arbeit der Kollegen sollte schon sein, auch unter Polizisten.
Dass "Notwehr" ein sehr dehnbarer Begriff sein kann, weiß im Übrigen jeder Mensch aus eigener Erfahrung. In brenzligen Situationen schaltet die Angst den Verstand mitunter ab. Man erkennt dann Gefahren, wo eigentlich gar keine sind. In sofern hätte ich mir gewünscht, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, hätte nicht nur behauptet, dass der Polizeidienst in den vergangenen Jahren gefährlicher geworden ist, sondern auch eine Statistik bemüht. Werden Polizeibeamte tatsächlich immer häufiger Opfer von Gewalttaten? Und wenn ja, haben sie selbst dann vielleicht im Vorfeld der Ereignisse eher zu Eskalation der Lage beigetragen als zu deren Deeskalation? Ich meine: Wer eine "Knarre" hat, fühlt sich mitunter ja viel stärker und viel mutiger, als das interne kleine Ich, das ungefragt den Abzugshahn betätigt.
Ich fürchte, es gibt noch viel zu tun. Vor allem für die Leute, die für den Polizeidienst werben sollen. Wer nicht Gefahr laufen will, lauter Rambos zu rekrutieren, der sollte realistisch informieren. Dass er dann allerdings genügend potentielles Personal anlockt, wenn er nicht wenigstens sehr gut bezahlt, ist ziemlich unwahrscheinlich in der Welt, in der wir grade leben.
Eichet
@mowgli 10 Tote sind 10 Tote zu viel. Richtig, Aber warum bewerben Sie sich nicht bei der Polizei, wenn Sie´s besser können?
Dideldidum
Naja Statistiken über die Steigerung von Angriffen auf Beamte gibt es doch. Man muss sie nur suchen und lesen.
https://www.stmi.bayern.de/med/pressemitteilungen/pressearchiv/2016/157/index.php
36120 (Profil gelöscht)
Gast
Die Schland-Polizei, einfach vorbildlich! Komisch nur, daß da neulich ein Bericht über einen Fall in Ostdeutschland war, bei dem ein völlig unschuldiger Autofahrer von der Polizei ohne Vorwarnung erschossen wurde, nur weil er das Auto eines Verdächtigen gefahren hatte. Ist wohl eine Ausnahme? Oder liegt es daran, daß Bürger und Medien nur zu obrigkeitsgläubig sind?
Nathael
@36120 (Profil gelöscht) Wann soll den dieser angebliche Vorfall mit dem "unschuldigen" Autofahrer, der erschossen wurde, genau passiert sein?
Lukas Norden
@Nathael Anfang Februar http://www.n-tv.de/panorama/Falscher-Verdaechtiger-war-unbewaffnet-article16995051.html
Nathael
Diese Person wurde aber nicht erschossen, sondern nur angeschossen. Zudem hat die Staatsanwaltschaft Schwerin festgestellt, dass der Polizist rechtsmäßig gehandelt hat, da der Fahrer die Einsatzkräfte mit seinem Fahrzeug angegriffen hat.
Quelle: https://www.welt.de/regionales/hamburg/article157914684/Erst-von-MEK-Beamten-angeschossen-dann-angeklagt.html
36120 (Profil gelöscht)
Gast
Sie haben keine Ahnung! Der Fahrer ist einen Tag später gestorben. Und laut Zeugenaussagen des Beifahrers hat die Polizei ohne Vorwarnung geschossen.
Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.