Schröders Kinderschutzgesetzentwurf: Mehr helfende Hände ins Haus
Um Kinder besser zu schützen, will Familienministerin Schröder Familienhebammen bezahlen und die ärztliche Schweigepflicht aufheben.
BERLIN taz | Kinder sollen künftig besser vor sexuellem Missbrauch, Misshandlungen und Vernachlässigung geschützt werden. Das forderte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und legte dazu am Dienstag einen Entwurf zu einem Bundeskinderschutzgesetz vor.
Das Gesetz, das nach den Plänen der Ministerin ab 2012 gelten soll, sieht unter anderem sogenannte Familienhebammen vor. Diese sollen schon während der Schwangerschaft und ein Jahr nach der Geburt des Kindes Familien in schwierigen Situationen sozial und gesundheitlich beraten und betreuen.
"Die Hebammen sind der Dreh- und Angelpunkt früher Hilfen für die Familien", meint Schröder. Dafür will ihr Ministerium ab 2012 jährlich 30 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Ihren Aussagen zufolge brauchen jedes Jahr rund 60.000 Familien diese besondere Hilfe.
Künftig sollen Ärzte und Psychologen bei "gewichtigen Anhaltspunkten" von ihrer Schweigepflicht entbunden werden. Auch wenn MedizinerInnen sich noch nicht genau darüber klar sind, ob ein Kind verprügelt, gedemütigt oder sexuell missbraucht wird, können sie ihren Verdacht bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder beim Jugendamt melden.
Von einer Datenbank wie der umstrittenen Risiko-Kinder-Informations-Datei (Riskid), die vor drei Jahren in Duisburg eingerichtet wurde und an diesem Mittwoch bundesweit starten soll, hält Schröder jedoch nicht viel. 2009 wurden rund 4.000 Kinder körperlich misshandelt.
Gesetzentwurf zufolge sollen Jugendamtsmitarbeiter künftig dazu verpflichtet werden, Eltern zu Hause zu besuchen, wenn sie den Verdacht haben, dass Kinder misshandelt werden. Wer in Heimen, Sport- und anderen Jugendvereinen eine feste Stelle bekommen will, muss ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen - eine Maßnahme, die sexuellen Missbrauch verhindern soll. Außerdem sollen alle wichtigen Akteure des Kinderschutzes - Jugendämter, Lehrer, Ärzte - künftig dazu verpflichtet werden, in einem "Netzwerk Frühe Hilfen" zusammenzuarbeiten.
Der Gesetzentwurf ist ein Ergebnis des "runden Tischs gegen sexuellen Kindesmissbrauch" und des "runden Tischs Heimkinder" und schreibt eine Initiative der früheren Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu einem solchen Gesetz fort. Das damalige Gesetz war gescheitert, weil sich Union und SPD nicht einigen konnten. Der Schröder-Entwurf soll in zwei oder drei Monaten ins Parlament eingebracht werden. Er wird voraussichtlich die Zustimmung des Bundesrats benötigen.
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