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Scholz und Lindner im HaushaltsstreitDer Kanzler macht Ansagen

Im Haushaltsstreit der Ampel stellt sich der Kanzler Olaf Scholz hinter Finanzminister Lindner. Zugleich fordert er aber einen Mindestlohn von 15 Euro.

Stellt sich hinter Finanzminister Christian Lindner: Kanzler Olaf Scholz Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin dpa/afp/rtr | Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Ressorts der Ampel-Regierung zum Sparen im Haushalt 2025 aufgefordert und sich an die Seite von Finanzminister Christian Lindner (FDP) gestellt. „Der Finanzminister hat den Ressorts Limits genannt? Das war mit mir abgesprochen“, sagte Scholz in einem Interview mit dem Magazin Stern. Bis Anfang Juli müssten nun Wünsche und Wirklichkeit in Einklang gebracht werden. „Ich setze darauf, dass sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind und wir das gemeinsam hinkriegen“, fügte der SPD-Politiker hinzu.

Lindner hatte zuvor zu hohe Etatanmeldungen für den Haushalt 2025 kritisiert. Auf die Frage, ob Lindner ein guter Finanzminister sei, antwortete Scholz mit „natürlich“. „Der Finanzrahmen für den Bundeshaushalt ist klar, den geben die Steuereinnahmen und die Verfassung vor“, fügte Scholz in Anspielungen auf die Debatte über eine Ausnahme von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse hinzu. „Wir sollten uns das Leben nicht zu leicht machen. Jetzt ist erst mal schwitzen angesagt“, fügte der Kanzler mit Blick auf die Ressorts hinzu. Scholz hatte bereits vor wenigen Tagen betont, dass er mit einem Kabinettsbeschluss für den Etat 2025 Anfang Juli rechne.

Der Kanzler wollte nicht sagen, wo er sparen würde. „Ich habe da meine Vorstellungen“, sagte er lediglich. Sicherlich seien die finanziellen Folgen des Ukrainekriegs mit Kosten für Flüchtlinge, Waffenlieferungen und Aufbauhilfen deutlich spürbar. „Und: Wir dürfen uns weder am sozialen Zusammenhalt versündigen noch darauf verzichten, das Wachstum anzukurbeln“, fügte er hinzu.

Zudem bekräftigte der Kanzler, dass er über die Bundestagswahl hinaus Regierungschef bleiben wolle – und gab CDU-Chef Friedrich Merz keine Chance auf einen Sieg. „Das ist sehr, sehr unwahrscheinlich“, sagte Scholz auf die Frage des Sterns, wie groß die Chance für einen Millionär mit Privatjet sei, Kanzler zu werden. Scholz hatte bereits am Samstag gesagt, er erwarte und begrüße, dass Merz Kanzlerkandidat der Union werde.

Scholz will Mindestlohn von 15 Euro

Zugleich sprach sich Scholz dafür aus, den Mindestlohn in Deutschland in zwei Schritten auf 15 Euro zu erhöhen. „Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben“, sagte Scholz. Er wiederholte seine Kritik an der Mindestlohnkommission, die diesen auf derzeit 12,41 Euro angehoben und sich auf eine Steigerung auf 12,82 Euro Anfang 2025 verständigt hat. Die Arbeitnehmer haben eine höhere Anhebung gefordert, was die Arbeitsgebervertreter ablehnten.

„Nach der Anhebung auf 12 Euro zu Beginn dieser Wahlperiode haben einige Mitglieder der Mindestlohnkommission, die die jährlichen Anhebungen vornehmen soll, leider mit der sozialpartnerschaftlichen Tradition gebrochen, einvernehmlich zu entscheiden“, sagte Scholz. Eigentlich hatte die Bundesregierung betont, dass sich die Politik nur ein einziges Mal in die Mindestlohn-Findung einmischen werde, die wegen der Tarifautonomie von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ausgehandelt wird.

Eine Frau als Bundespräsidentin gewünscht

Schließlich ist es aus Sicht von Scholz auch an der Zeit, dass eine Frau als Bundespräsidentin an die Staatsspitze rückt. „Ich würde mich freuen, wenn wir 2027 eine Frau ins Schloss Bellevue wählten“, sagte er dem Stern.

Seit 1949 gab es in der Bundesrepublik zwölf Bundespräsidenten – alles Männer. In den zurückliegenden Jahrzehnten gab es zwar immer wieder Kandidatinnen wie etwa die Sozialdemokratin Gesine Schwan, aber gewählt wurde stets ein Mann. Auch unter den Kanzlern gab es seit Bestehen der Bundesrepublik erst eine Frau: Angela Merkel (CDU) regierte von 2005 bis 2021. Zurzeit amtiert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die zweite und damit letzte Amtszeit des 68-Jährigen endet 2027.

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9 Kommentare

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  • „Der Kanzler wollte nicht sagen, wo er sparen würde. „Ich habe da meine Vorstellungen“ Das klingt nach Rätsel, ist es aber nicht, weil Scholz Bundeshaushalt mit angestiegenem Mindestlohn 15 €/h anteilig gegenfinanzieren will, indem er einerseits Ausgaben für die Lohnaufstockung zulasten privater, staatlicher Arbeitgeber, Ausgaben für Wohngeld zulasten Privathaushalte zurückfahren will, weil die, die im Niedriglohnsektor privater, staatlicher Betriebe beschäftigt sind durch Mindestlohnerhöhung mehr Kaufkraft haben, könnte man meinen, in Wirklichkeit sind aber Vermieter die Hauptprofiteure der Mindestlohnerhöhungen, weil die in weitgehend ungeregeltem Wohnungsmarkt, Mietspiegel hin und her durch Anhebung von Mieten, Nebenkosten als Zweitmiete Mieterkaufkraft zulasten Binnenkaufkraft noch ungenierter abschöpfen können, so dass binnen kurzer Frist viele Mindestlohn Privathaushalte genötigt sind, in einem ewigen Kreiselverkehr erneut Wohngeld zu beantragen, was seit Wohngeldeinführung 1962 offensichtlich ist, nachdem bereits damals die Schere der Einkommens- gegenüber Mietpreisentwicklung weit auseinander klaffte zugunsten Vermietern. Wer diese ganz komplexen Ausgestaltungen, Arten direkter, indirekt staatlicher Lohnsubvention zugunsten privater, staatlicher Unternehmen in Deutschland vor allem zur Förderung unserer Exportwirtschaft zulasten Binnenkaufkraft entgegen EU-, IWF-, WTO Regeln auf dem Radar hat, erlebt als Bürger den Staat als einen Unternehmer neben allen anderen subventionierten Unternehmen, die in Komplizenschaft bei ihren EU-, IWF-, WTO Regelverstößen zu stehen scheinen, ohne Folgen für freien Handel, Wandel, Verkehr in der Weltwirtschaft zu bedenken, gleichwohl aktuell Chinas Regelverstöße bei der E Mobilität gemeinschaftlich beklagen voran der BDI Chef Siegfried Russwurm, US-Präsident Joe Biden sogar für E-Autos aus China 100 %zige Zollschranke in USA administriert, dass dadurch die US Binneninflation befeuert wierden könnte, ficht Biden nicht an

  • Friedrich Merz wird Bundeskanzler. Wahrscheinlich vorzeitig. Scholz wieder Finanzminister, Lindner samt Fan-Club gucken in die Röhre und die Grünen können wieder Grün sein.



    Diese Ampel war Murks und Ukraine und Nahost Krieg haben die Lage nicht leichter gemacht. Die Deutschen wollten und wollen die Groko.

    • @Matt Gekachelt:

      "Diese Ampel war Murks und Ukraine und Nahost Krieg haben die Lage nicht leichter gemacht."



      Genau so sehe ich das auch.

  • Ein Mindestlohn von EUR 15 entspräche EUR 2.520 pro Monat als Mindestlohn. Aktuell gibt es viele Berufe, in denen weniger gezahlt wird, besonders in strukturschwachen Regionen, wie etwa Ostdeutschland. Als Mindestlohn für ungelernte Mitarbeiter erscheint mir dies doch etwas hoch gegriffen. Aber schauen wir erst einmal, ob das überhaupt so kommt.

    • @Karl Murks:

      "Als Mindestlohn für ungelernte Mitarbeiter erscheint mir dies doch etwas hoch gegriffen."



      So ein Schmarrn.



      Dann machen Sie es doch als "gelernter" Mitarbeiter.



      Das ist brutto, verstehen Sie?



      Aber davon verlangen "gelernte" Miethaie gleich mal die Hälfte.



      Und dann schau'n Sie mal weiter.

    • @Karl Murks:

      Davon kann man auch gerade so leben und wenn man das derzeitige Realrentenniveau von ca. 43% zugrundelegt eine Rente von knapp über tausend Euro.



      Was meinen Sie denn, wer die Fehlbeträge zu Sozialhilfe/Bürgergeld ausgleichen darf, die FDP Klientel oder Normalverdiener und Beitragszahler?

    • @Karl Murks:

      Vor nicht allzu langer Zeit war ein Mindestlohn von 6 Euro für den Osten "eine Katastrophe". Ich erinnere mich an eine Talkshow, wo eine Eigentümerin eines Friseursalons über den Untergang des Ostens für so einen Fall fabulierte, die damals unvermeidbaren Herr Sinn und Frau Siems malten das Schreckensszenario von mindestens 2 Millionen zusätzlichen Arbeitslosen an die Wand, etc. pp. Nuja ...

  • "Zugleich fordert er aber einen Mindestlohn von 15 Euro."



    Das kostet ihn nix und ärgert die FDP. Ein echter Doppelwumms.



    "Er wiederholte seine Kritik an der Mindestlohnkommission, die diesen auf derzeit 12,41 Euro angehoben und sich auf eine Steigerung auf 12,82 Euro Anfang 2025 verständigt hat. Die Arbeitnehmer haben eine höhere Anhebung gefordert, was die Arbeitsgebervertreter ablehnten."



    Woraus wir schließen dürfen, dass eine solche paritätische Kommission im Großen und Ganzen besser ist als Regierungsbeschlüsse nach Tageslaune.



    Denn was ein Kanzler Merz in drei Jahren damit machen würde, kann ich mir vorstellen.

    • @Encantado:

      "...das kostet ihn nix...". Das ist erstmal richtig, allerdings werden bei 15 € Mindeslohn einige Arbeitsplätze über die Klinge springen (okay, das wird in einigen Kreisen akzeptiert, da diese vermeintlich keine wirtschaftlichen Arbeitsplätze waren), aber vor allem werden die Preise steigen. Ich höre dann schon die Klagen, dass die Butter wieder 20 Cent teuerer ist, der Restaurantbesuch nicht mehr möglich sei und auch der Staffelmietvertrag immer teurer wird und der Sohn kein bezahltes Praktikum bekommt.



      Es hat eben alles zwei Seiten. Und eine Erhöhung über 60% seit 2019 ist eben nicht ohne Nebenwirkungen zu haben (gerechnet auf Anfang 2027).