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Schock nach US-WahlWir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben

Die Nachricht von Trumps Wiederwahl hat viele geschockt. Er wird die multiplen Krisen in der Welt nicht mildern, sondern verstärken. Wie bloß weitermachen?

Ich wehre mich dagegen, den Kindern zu sagen: Alles wird scheiße Foto: Julia Demaree Nikhinson/ap/dpa

A ls am Mittwochmorgen klar wurde, dass Donald Trump die US-Wahl haushoch gewonnen hat, fing ich an zu putzen. Ich faltete die Wäsche und räumte sie in die Schränke, ich sortierte die Zeitschriften und wischte die Tische. Ich staubsaugte die Wohnung, ich wischte sogar den Boden, ich hatte frei, und das schaffen wir sonst nicht so oft. Wenn schon die Welt da draußen ins Chaos schlittert, möchte ich wenigstens zu Hause das Gefühl haben, alles ist in Ordnung. Es hilft mir, nicht ganz in der Trübsal zu versinken.

Das will ich nicht, auch wegen der Kinder. Eine der ersten Fragen, die mir nach der Nachricht vom Wahlsieg Trumps in den Sinn kam, war diese: Wie können wir den Kindern jetzt noch Zuversicht vermitteln?

Realistisch betrachtet wird der Kampf gegen die Klimakrise noch mal um einiges schwerer. Trump wird vermutlich hart gegen Mi­gran­t*in­nen vorgehen und gegen politisch Andersdenkende. Ob die US-amerikanische Demokratie seine Amtszeit übersteht, ist längst nicht ausgemacht. Er wird sich voraussichtlich auch aus internationalen Verträgen verabschieden. Seine Wiederwahl ist ein schwerer Schlag für die USA und für die gesamte westliche Welt.

Ohne Hoffnung erstarrt man

Die Kinder sind alt genug, um das zu begreifen. Und doch möchte ich ihnen Hoffnung machen, dass es schon nicht so schlimm kommt. Ich wehre mich dagegen, ihnen zu sagen: Alles wird scheiße. Schließlich geht es im Wesentlichen auch um ihre Zukunft, um die Welt, in der sie leben werden. Dass sie die gut gestalten können, diesen Mut will ich ihnen nicht nehmen.

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Ohne Zuversicht geht es nicht. Das gilt für die Kinder, aber wenn man ehrlich ist, auch für uns Erwachsene. Man braucht schon ein bisschen Optimismus, ein wenig Hoffnung, um weiterzumachen, um die Dinge anzugehen. Ansonsten verharrt man, erstarrt man.

Im eigenen Umfeld lässt sich der Schwermut leichter entkommen. Das Chaos in der Wohnung kann man beseitigen. Man kann glückliche Momente schaffen, etwa mit Freun­d*in­nen oder der Familie. Man kann bei der Arbeit etwas Tolles auf die Beine stellen, etwas Gutes bewirken. Es fällt leichter, positiv in die Zukunft zu schauen, wenn man im Kleinen erlebt: Das Leben ist auch schön, und wir können etwas dafür tun, dass das so ist.

Gesamtgesellschaftlich sieht das anders aus. Die Klimakrise, die Kriege und die Wirtschaftskrise haben Spuren hinterlassen, die Deutschen blicken heute pessimistischer in die Zukunft als noch vor ein paar Jahren: 2020 sagten in einer Umfrage 58 Prozent, bei ihnen überwiege die Zuversicht, inzwischen stehen für 54 Prozent die Sorgen im Vordergrund. Knapp die Hälfte der Deutschen glaubt, dass es ihnen in zehn Jahren schlechter gehen wird als jetzt.

Die multiplen Krisen lösen Ohnmachtsgefühle aus, dem etwas entgegenzusetzen ist viel schwieriger als im Privaten. Es gibt viele, die manchmal bewusst keine Nachrichten konsumieren, weil sie die schlicht nicht mehr ertragen.

Wir haben es zuvor schon überlebt

An Trumps Wahlsieg werden aber auch diese Menschen nicht vorbeikommen. Wie nun also damit umgehen? Ein Kollege erzählte, im Familienchat habe angesichts der Schocknachricht irgendwann jemand sinngemäß geschrieben: Wir haben das schon mal vier Jahre überlebt, wir werden es wieder überstehen.

Wir müssen einen Umgang finden mit all jenen, die mit dem politischen System fremdeln und Protestparteien wählen

Man kann das naiv finden, verharmlosend. Aber wahrscheinlich ist so ein Zweckoptimismus in dieser Situation genau das Richtige. Er ist jedenfalls allemal besser, als sich ganz vom politischem Geschehen abzuwenden. Denn auch hierzulande steht ja nun bald eine Neuwahl an, auch hier müssen wir einen Umgang finden mit all jenen, die mit dem politischen System fremdeln und Protestparteien wählen. Die Hoffnung aufzugeben, dass dabei noch etwas zu retten ist, wäre die schlechteste Option.

Was hilft Ihnen, die Zuversicht nicht völlig zu verlieren? Welche Strategien haben Sie im Umgang mit schlechten Nachrichten jenseits vom Putzen? Schreiben Sie uns an zuversicht@taz.de

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Antje Lang-Lendorff
wochentaz
Teamleiterin Gesellschaft in der wochentaz. Seit 2007 fest bei der taz, zunächst im Berlin-Teil, dann in der Wochenend-Redaktion. Schwerpunkte: Soziales und Reportage.
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4 Kommentare

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  • Zweckoptimismus und Hoffnung für Kinder und Erwachsene sind meiner Meinung nach der falsche Ansatz. In jeder Krise liegt eine Chance, Dinge anders zu machen. Kreativität ist gefragt. Am besten ist es, mit den Kindern darüber zu sprechen, was sie sich für die Zukunft wünschen und was für sie wichtig ist. Wie kommen wir dorthin? Das ist die Frage, die wir gemeinsam mit ihnen beantworten müssen. Was geht und was geht nicht? Wie können wir Vorkehrungen treffen? Zum Beispiel, indem wir fordern, dass die Forschung nicht nur Wissen und Technologien hervorbringt, sondern auch die Weisheit, die Ziele der nächsten Generation zu verwirklichen. Mir fallen da tausend Dinge ein. Es ist an der Zeit, dass die Kreativen den Dominanten entgegentreten.

  • "Hör nicht auf sie - du kannst so viel Hoffnung aufgeben, wie du möchtest!" (Adrian Monk, amerikanischer Top-Philosoph)

  • Das mit dem Putzen kann ich verstehen -- man möchte zumindest über das unmittelbare eigene Umfeld Kontrolle gewinnen, wenn alles aus dem Ruder läuft. Ordnung und Reinlichkeit sind Kontrolle. Nicht Nachrichten schauen verstehe ich nicht, denn das ist das Gegenteil -- man möchte doch auch die Gefahren kennen, die einen umgeben, so schlimm sie sein mögen. Wen sich nicht informiert, fühlt sich einerseits ständig unsicher und wahrscheinlich noch bedrohter, andererseits kann sie nicht handeln, weil sie nicht weiß, wogegen. Nicht Nachrichten gucken macht es schlimmer!

  • Ich finde es gar nicht schlimm das Trump gewählt wurde, ich denke Wirtschaftlich für alle mit US Aktien ist das eine gute Wahl, für die Deutsche Regierung ggf. nicht.