„Schmidt-Prinzip“ fürs Tierwohl: Unser Mann im Stall
Der Agrarminister will Schweine, Rinder und Geflügel besser schützen. Doch er fordert lediglich freiwillige Vereinbarungen mit den Bauern.
BERLIN taz | Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ist bisher so unauffällig wie sein Name oder sein Aussehen. Aber der CSU-Politiker versucht schon, eigene Begriffe zu prägen: Am Mittwoch führte er auf einer Pressekonferenz in Berlin „das Schmidt-Prinzip“ in die Debatte um mehr Tierschutz in deutschen Ställen ein. Es lautet: „Macht ihr, ich schau dann. Also, ich schau dann und ziehe dann Konsequenzen.“ Konkret heißt das: Der CSU-Politiker fordert jetzt von den Bauern, ihre Tiere besser zu halten – und wenn sie das nicht tun, wird er vielleicht Gesetze verschärfen.
Im Einzelnen verlangt Schmidt von der Wirtschaft eine „freiwillige Vereinbarung“, dass die Landwirte künftig nicht mehr Schweinen die Schwänze oder Legehennen und Puten die Oberschnäbel etwa mit einer Zange kürzen; Rinder sollen sie nur noch schmerzfrei enthornen.
Ziel sei es, den Entwurf bis Anfang nächsten Jahres vorzulegen und ihn im dritten Quartal zu unterschreiben. Wann das Kupieren aufhören wird? „Ob dann 2016 drinsteht oder der 1. 1. oder der 1. 5., das kann ich nicht sagen“, antwortete Schmidt. Er deutete an, dass er möglicherweise „gesetzgeberisch reagieren“ werde, wenn es in den nächsten zwei Jahren nicht genügend Fortschritte geben sollte.
Die meisten Landwirte sträuben sich gegen Verbote, weil sie ihre Haltungssysteme ändern müssten. In konventionellen Betrieben haben Schweine zum Beispiel in der Regel keinen Auslauf, kein Stroh als Beschäftigungsmaterial und im Stall nur 0,75 Quadratmeter Platz. Unter anderem wegen der Enge und Langeweile beißen sie sich, so Tierschützer, oft gegenseitig in die Schwänze, bis sie bluten. Kupierte Tiere sind nicht so häufig betroffen, deshalb greifen die Bauern zur Klinge.
Neue Stalleinrichtungen
Jetzt heißt es aber in Schmidts neuem Eckpunktepapier für mehr Tierschutz: „Haltungseinrichtungen und Haltungsmanagement müssen sich den Bedürfnissen der Tiere anpassen – nicht umgekehrt.“ Der Minister will auch durchsetzen, dass neue Stalleinrichtungen eine Typenzulassung haben müssen. Dabei würden Experten zunächst die Anlagen für Legehennen „unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes prüfen“, kündigte Schmidt an. Im ersten Halbjahr 2015 werde er einen Verordnungsentwurf präsentieren.
Damit die deutschen Bauern durch solche Maßnahmen nicht gegenüber Konkurrenten im Ausland ins Hintertreffen geraten, will Schmidt auf EU- und internationaler Ebene höhere Tierschutzstandards erreichen. Bis Ende des Jahres möchte er dazu eine gemeinsame Erklärung mit Dänemark und den Niederlanden vereinbaren.
Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, sagte zu, an der Initiative mitzuarbeiten. Dennoch ergänzte er: „Wir fordern höhere gesetzliche Standards.“ Der Bauernverband erklärte, der Verzicht aufs Kupieren sei nur dann umsetzbar, „wenn die Wissenschaft gleichzeitig praktikable Lösungen für die Tierhaltung“ anbiete.
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