Schmähpreis für RWE-Chef: Rückwärtsgewandter Energiemanager
Der RWE-Vorstandsvorsitzende Rolf Martin Schmitz wird vom Umweltverband Nabu als „Dinosaurier des Jahres“ ausgezeichnet. Das ist kein Lob.

Das Jahr 2018, Rolf Martin Schmitz kämpft. Er wollte den Hambacher Wald roden, um Kohle zu für seine Kraftwerke zu fördern. Darum war die Polizei dort tagelang damit beschäftigt, Hunderte Umweltaktivisten aus selbst gebauten Baumhäusern zu vertreiben. Nur ein Gericht konnte Schmitz noch stoppen. Am Freitag hat Schmitz nun den Preis für die schlechteste Umweltperformance 2018 gewonnen, den „Dinosaurier“ des Naturschutzbundes Deutschland, NABU.
VW-Chef Herbert Diess hatte auch gute Chancen, sein Konzern belastet mit seinem manipulierten Diesel die Luft mit zu vielen Stickoxiden. Doch die Naturschützer fanden Schmitz besonders rückwärtsgewandt. Nabu-Chef Olaf Tschimpke: „Während andere große Konzerne erkannt haben, dass Nachhaltigkeit ein Schlüssel zum Erfolg und für breite Akzeptanz in der Öffentlichkeit ist, handelt die RWE-Spitze immer noch wie von vorgestern.“
Beim Frühstück hatte Altmaier Schmitz vorgeschlagen die von Hambach aus versorgten Kraftwerke abzuschalten – und dafür eine Entschädigung zu zahlen. Schmitz fand das abwegig, völlig daneben, er will seine Kraftwerke weiter betreiben, die Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen und damit das Klima anheizen. Was treibt ihn?
Jovialer Kerl, dem es vor allem ums Geld geht
Schmitz, ein Ingenieur, äußerte sich am Freitag nicht. Sein Pressesprecher sagte nur: „Kein Kommentar“. Der oberste Kohlekraftwerksbetreiber der Republik gilt eigentlich als jovialer Kerl. Er ist Rheinländer, kommt aus Mönchengladbach, ist Anhänger der ortsansässigen Borussia, spielt Trompete und liebt den Karneval. Seit gut zwei Jahren leitet er jetzt den RWE-Konzern, Deutschlands größten Stromproduzenten mit knapp 60.000 Mitarbeitern. So spielt der Mann mit dem schlohweißen Haar eine maßgebliche Rolle dabei, wie schnell der Umbau der deutschen Energieversorgung vorangeht.
Einer, der ihn in vielen Gesprächen erlebt hat, sagt, Schmitz gehe es in erster Linie ums Geld. Zu seinem 60. Geburtstag im Juni vor einem Jahr bekam er ein Bild geschenkt, auf dem unter anderem ein durchgestrichenes Atomkraftwerk zu sehen ist, unter dem Geldsäcke liegen, auf die ein Pfeil verweist. RWE hat zusammen mit seinen Wettbewerbern einen Milliarden schweren Schadenersatz für den Atomausstieg eingeklagt. Nun wolle er, heißt es, auch den Preis für den Ausstieg Deutschlands aus der Kohle in die Höhe treiben. Eigentlich wisse er ja längst, wie die Zukunft aussehe: erneuerbar.
Dafür spricht der spektakuläre Deal, den Schmitz mit dem Rivalen E.on gemacht hat: Die RWE-Ökotochter Innogy wurde aufgespalten, an E.on gingen Netze und das Privatkundengeschäft. RWE bekam die erneuerbaren Energien von Innogy, und auch die von E.on.
Der Mann bewegt sich nicht
Man verschätze sich bei ihm leicht, er wirke nett – so hört man oft – sei aber knallhart, gehe kein Stück auf den anderen zu. Schon gar nicht auf die Umweltschützer.
Einer von ihnen ist Kai Niebert. Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings ist Mitglied der Kohlekommission, die bis Anfang Februar einen Plan entwickeln soll, wie die Kohlekraftwerke hierzulande Schritt für Schritt vom Netz gehen. Er hat sich mehrfach mit Schmitz getroffen, um Kompromisse auszuloten und meint: „Schmitz bewegt sich nicht, dabei muss er den Konzern schneller umbauen und modernisieren, wenn er die RWE-Arbeitsplätze nicht gefährden will.“ Niebert weiter: „Ich würde es aber nochmal mit einer Frühstückseinladung versuchen.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin