Schluss mit der 13: Schwamm drüber!
Die 13. Klasse verschwindet aus dem Berliner Gymnasium und unser Autor mit ihr - erfolgreich.
Endlich sind wir geschieden. Mathematik und ich gehen fortan getrennte Wege, das Abitur liegt hinter mir. Die Ergebnisse gibt es erst morgen, doch dann endet nicht nur meine Schulkarriere – auch das gymnasiale Abitur nach 13 Jahren ist in Berlin jetzt Geschichte. In den vergangenen Wochen haben wir, die letzten 13er, unseren Abschluss gemacht und die Schulbänke schon mit denen geteilt, die das Abi nun nach 12 Jahren ablegen.
Das klingt banal, hat aber unseren Schulalltag geprägt. Es war die Frage der Fragen in der Oberstufe: „Abitur nach 12 oder nach 13 Jahren?“ Unterschiedlich bewertet wurden wir nicht, differenziert wurde dennoch ständig. Und ich hatte das Gefühl, dass es einen deutlichen Unterschied gab. Ein Schuljahr bedeutet Altersdifferenzen, die gut und gerne drei Jahre betragen. Jemand, der gerade 20 geworden war, saß mitunter neben einem 17-Jährigen. Die Oberstufe wurde unreifer. Der Wegfall der 11. Klasse, als „Chill-Jahr“ verschrien, ist der Grund dafür. Es ist eben eine Umstellung, wenn man vom abgeschlossenen Mittleren Schulabschluss den Weg Richtung Abitur einschlägt. Ich habe das zusätzliche Jahr als wichtig empfunden. Jetzt fehlt es.
Was haben wir in der 11. Klasse gelernt? Zum Beispiel selbstständiger zu werden. Klausuren zu schreiben, nicht stoisch nur Ja oder Nein zu sagen. Viele meiner Freunde waren ein Jahr im Ausland. Als sie wiederkamen, habe ich mir verwundert die Augen gerieben: Das waren plötzlich fast erwachsene Menschen.
Diejenigen, die das Abitur nun nach zwölf Jahren machen, konnten solche Erfahrungen nicht sammeln. Sie brauchten eine Weile, um den Rückstand auszugleichen. Bis zum Ende ihrer Schullaufbahn ist das auch vielen gelungen. Notenpunkte hat es sie trotzdem gekostet, obwohl sie mit 36 Wochenstunden viel mehr arbeiten mussten als wir. Sie mussten Zeit gutmachen, die Lehrpläne waren verdichtet worden. Aber die Abiturienten sollen eben künftig jünger sein. Die Ökonomie siegt über die Vernunft.
Viele an meiner Schule hat das überfordert. Mein Politik-Leistungskurs begann mit 24 Leuten. Bis zum Ende haben es 8 geschafft. Der Druck war einfach zu stark. Wer an eine Berliner Uni will, braucht gute Noten bei diesem Doppeljahrgang, bläute man uns ein. Mit dem Berliner Durchschnittsabi von 2,4: kaum eine Chance. Die Konsequenz war, dass viele sich zurückstellen ließen, das Jahr freiwillig wiederholten. Für mich war das keine gangbare Option. Also hieß es: Lernen, oft bis in die Nacht. Am Ende kann ich sagen: Der Aufwand hat sich gelohnt.
Ob ich in Berlin studiere, weiß ich trotzdem nicht. An der FU wurde im vergangenen Wintersemester ein Numerus clausus von 1,2 für Sozial- und Kulturanthropologie verlangt, da fehlen dann doch ein paar Pünktchen. Aber vielleicht ist es auch ganz gut, mal ein wenig rauszukommen. Das sage nicht nur ich, sondern auch meine Freunde. Die Pläne gehen weit auseinander: Studium im Ruhrpott, Soziales Jahr im Ausland, Ausbildung. Manche haben einfach noch keine Ahnung. Eigentlich glaube ich aber, dass wir uns damit belügen. Denn auch wenn die Konkurrenz um die Uniplätze gewaltig ist: Die meisten wollen nicht weg aus Berlin.
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