Schlossbau: Weniger Spenden = weniger Barock?
Der Schloss-Förderverein hat offenbar die Summe noch nicht zusammen, die er eigentlich für jenen Bau versprochen hat, den kaum einer Humboldtforum nennt

Das Schloss ist schon ein dauerhafter Quell abstruser Geschichten. Und das, obwohl der Bau anders als BER oder Staatsoper-Sanierung im Plan liegt. Das fängt ja schon mit dem Namen an, weil draußen ja inzwischen Humboldtforum dran steht, hier jetzt mal mit HF abgekürzt, und nix mit Schloss, aber außerhalb von offiziellen Reden kaum einer HF sagt.
Und dann ist da die kuriose Situation, dass da ein asiatischer Elektronikkonzern zwar vielerorts auf der Welt sein allerneuestes Daddelding alias Top-Smartphone zurück in die Werkstatt ruft, aber seine fassadenfüllende Werbung an der Nordseite des Schlosses auch am Donnerstag weiter für derartige Sachen warb. Damit ist jetzt auch der zentrale Begriff des jüngsten Aufregers gefallen, die Fassade nämlich. Für deren an drei Seiten barocke Gestaltung hatte der Schloss-Förderverein 80 Millionen Euro zugesagt. Nach einem Medienbericht aber, der sich auf das Bundesbauministerium bezieht, sind erst 63 Millionen Euro eingegangen. Macht demnach eine Lücke von 17 Millionen plus weiterer 25 Millionen, mit der etwa die Kuppel bezahlt werden sollte.
Alles nicht so schlimm, könnte man meinen, es dauert ja noch ein bisschen bis zur für 2019 geplanten Eröffnung. Das Dumme ist bloß, dass die Fassaden gerade jetzt dran sind. Da könnte man nun natürlich mit Steuergeldern ran, die ja mit fast einer halben Milliarde sowieso schon gut 80 Prozent der Baukosten decken.
Doch in Sachen Spenden-Motivation hilft es nicht wirklich weiter, wenn das, wofür die Spenden gesammelt werden, schon fertig ist. Und das ist weitgehend schon so. An der West- und Südseite sind flächendeckend bereits rote Ziegelsteine auf den Betonwänden drauf, sind die Fenster auch schon mit Meißelei umrahmt. Aber da ist ja noch die Nordseite – die mit der Reklame. Da ist grob geschätzt erst die Hälfte der Wand barockisiert.
Das gibt also noch Druckpotenzial: Geld her, oder das war’s mit Barock, und die Bezeichnung Schloss stellen wir sowieso unter Strafe – ungefähr so, wie die Radioreporter in Dortmund die von einer Versicherung gesponserte BVB-Spielstätte nicht mehr Westfalenstadion nennen dürfen.
Das wäre schon eine krasse Mischung: zwei Mal barock, einmal schmucklos-glatt, einmal gemischt – so wie im Neuen Museum, wo Architekt Chipperfield beim Wiederaufbau aus Ruinen auch nicht alles überkleisterte, sondern ein Nebeneinander von Altem und Neuem hin kriegte. Wer das nicht will, muss jetzt eben schnell spenden
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart