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Schleswig-Holstein öffnet für TouristenModellversuch macht Urlaubswelle

Seit Montag können Touristen in ganz Schleswig-Holstein übernachten, Restaurants dürfen ihre Innenräume öffnen. Getestet wurde das in Modellregionen.

Ein Grund, nach Schleswig-Holstein zu kommen: Wattwanderung Foto: Carsten Rehder/dpa

Hamburg taz | Tourist zu sein unter Corona-Bedingungen erfordert Risikobereitschaft – oder ein eigenes Auto. Wer nämlich Schleswig-Holstein bereist und dort positiv auf Corona getestet wird, muss entweder im geschlossenen Wagen die Heimreise antreten oder den Urlaub in Gestalt einer Quarantäne auf eigene Kosten verlängern.

Seit dem heutigen Montag stehen die Hotels und Gaststätten des ganzen Bundeslandes wieder Touristen offen – auch in den Innenräumen. Voraussetzung für Gäste ist ein negativer Test oder eine Bescheinigung, dass eine vollständige Impfung mindestens zwei Wochen alt ist.

Schleswig-Holstein hat seit Langem die niedrigste Sieben-Tage-Inzidenz, mit zuletzt weniger als 50 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche. Zudem zieht die schwarz-grün-gelbe Landesregierung mit dem Startschuss für den Tourismus die Konsequenz aus den positiven Erfahrungen, die in vier Modellregionen mit der kontrollierten Öffnung gemacht wurden. Etwa im Kreis Nordfriesland, wo schon seit dem 1. Mai wieder Gäste empfangen werden konnten – nach einem halben Jahr Pause.

Mitgemacht hat auch das Hotel Nordsee-Lodge auf der Insel Pellworm. Dessen Betreiberin Annika Levsen findet, trotz der kurzen Zeit habe sich die Sache gelohnt. „Das hat schon gezeigt, dass der Tourismus nicht der Grund ist für die hohen Infektionszahlen“, sagt die Gastronomin.

Detaillierte Vorschriften

Auch wenn der Aufwand erheblich war: Die Wirte mussten jeden Abend nach Husum melden, wen sie zu Gast hatten. Sie mussten sich die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung einrichten und die Testergebnisse ihrer Gäste dokumentieren. Am meisten Arbeit habe es gemacht, „sich überall reinzulesen“, sagt Levsen. Die Infos, was wie gemacht werden sollte, seien stückweise gekommen und hätten sich auch mal geändert, etwa bei der Frage, ob Geimpfte sofort von der Testpflicht befreit sein würden oder eine Karenzzeit gelte.

Das Testen in bestimmten Intervallen gehörte zu den Bedingungen, die das Land Schleswig-Holstein für eine Übernachtung oder einen Besuch in den Innenräumen eines Restaurants gestellt hat. Die nötige Infrastruktur bereitzustellen, ist für eine Insel mit 1.200 Einwohnern kein Selbstgänger. „Es hat viele Nächte gekostet, eine Teststation hierher zu bekommen“, sagt Bürgermeisterin Astrid Korth (parteilos).

Zwar gibt es einen Arzt auf der Nordseeinsel, der dringend einen Nachfolger sucht, und eine Apotheke. Doch sollte einer von beiden an Corona erkranken und damit ausfallen, wäre „alles platt“, wie Diana Johns vom Kultur- und Tourismusservice sagt. Die Inselbevölkerung sowie die Kurgäste wären dann ohne medizinische Versorgung.

Am Ende stellte ein Insulaner mit Sanitätsausbildung ein Wartezelt vor sein coroanabedingt geschlossenes Billardcafé, wo er jetzt die Abstriche macht. Dabei gilt: Wohl dem, der ein Smartphone sein Eigen nennt. Denn die Anmeldung für den Test läuft online und das Testergebnis wird danach per E-Mail verschickt.

Dazu kommt, dass der Kreis die Nutzung der von Datenschützern als problematisch eingestuften Luca-App vorschreibt und Daten für die wissenschaftliche Auswertung des Modellversuchs liefern soll. Das steht in der Einwilligungserklärung samt Datenschutzhinweisen, die der Nordsee-Tourismus-Service für den Modellversuch in Nordfriesland an Reisende verschickt.

„Eigentlich wollte ich die Ferienwohnung nicht kaufen, sondern nur mieten“, sagt Andrea Schubert mit ironischem Blick auf den Papierkram. Sie und ihr Mann haben sich auf Pellworms Nachbarinsel Nordstrand eingemietet. Angereist sind sie aus dem Fichtelgebirge, einem Landkreis mit Rekordinzidenz. Ihr Urlaub stand fest und so sind sie froh, dass sie in dieser Zeit überhaupt etwas buchen konnten.

Während es bei den Gästen reicht, wenn sie die Luca-Schlüsselanhänger zur Registrierung benutzen, müssen sich die Wirte die App aufs Smartphone oder das Tablet laden.

Nicht jeder Vermieter kommt damit ohne Weiteres zurecht. Aber man kennt und hilft sich ja auf der Insel: „Ich bin nachts um zehn losgefahren und habe Leuten die App installiert“, sagt Johns vom Tourismusservice. Und der Getränkehändler, der immer sehr gut informiert sei, habe ein Webinar zur App gemacht, erzählt die Hotelbetreiberin Levsen.

Wenn nun in ganz Schleswig-Holstein die Hotels und Gaststätten wieder öffnen dürfen, schreibt die Landesregierung die Nutzung der Luca-App nicht vor. „Es muss nur irgendeine Art von Kontaktverfolgung geben“, sagt eine Sprecherin des Kieler Wirtschaftministeriums zum Thema Luca-App.

Nicht viel zu melden

Viel zu melden hatte die App übrigens nicht. Nur eine Handvoll Touristen wurden positiv getestet. Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Fälle in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner sank tendenziell sogar.

Für die Zukunft hat Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) deutlich gemacht, dass Lockerungen auch wieder zurückgenommen werden, wenn sich die Infektionslage verschlechtern sollte. Mit Material der dpa

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