Schiedsrichterin Franziska Wildfeuer: „Das Ziel ist, nicht aufzufallen“

Franziska Wildfeuer pfeift als Zweit-Job Fußballspiele. Die Grundlage dafür ist ein fast tägliches Trainingsprogramm.

Franziska Wildfeuer in schwarzer Schiedsrichterkleidung auf einem Fußballplatz.

Hat Bibiana Steinhaus als Fifa-Schiedsrichterin abgelöst: Franziska Wildfeuer Foto: Boris Schmelter

BREMEN taz | „Dass jetzt Sommerpause ist, merke ich vor allem daran, dass am Wochenende nicht mehr von 12 bis 20 Uhr Fußball bei uns auf dem Fernseher läuft“, sagt Franziska Wildfeuer. „Aber mein Trainingsalltag geht eigentlich genauso weiter wie während der Saison.“

Dieser Trainingsalltag besteht für die Schiedsrichterin aus sieben Einheiten pro Woche, 50 Wochen im Jahr. Das hohe Pensum ist notwendig, denn Wildfeuer pfeift Fußballspiele in der Dritten Liga der Männer, in der Ersten Frauen-Bundesliga und steht auch bei internationalen Partien auf den Platz, seit sie vor drei Jahren Bibiana Steinhaus als Fifa-Schiedsrichterin abgelöst hat. 


Mit ihren 29 Jahren ist Wildfeuer damit schon sehr weit gekommen. „Ich bin stolz auf das, was ich geschafft habe, auch wenn jeder neue Schritt gleichzeitig mehr Druck bedeutet“, sagt sie. „Man muss gut darauf achten, eine Balance zwischen dem Sport und dem restlichen Leben zu finden.“ Wildfeuer ist Physiotherapeutin und arbeitet freiberuflich, nur so schafft sie es, ihrem anderen Job als Schiedsrichterin so viel Raum zu geben. Erholung findet sie in der Zeit mit der Familie – am liebsten beim Fußballspielen mit ihrem Sohn.

Fußball hat Wildfeuer schon als Kind geliebt. Und auch, dass ihr das Pfeifen Spaß macht, hat die gebürtige Bayerin früh entdeckt. Schon mit zwölf Jahren war sie bei ihrem ersten Schiedsrichter-Lehrgang. Und das eigentlich nur, weil sie mal einem Teamkollegen vom örtlichen SpVgg Ruhmannsfelden beistehen wollte, der seinen Vater dorthin begleiten sollte. So langweilig wie erwartet fand Wildfeuer es dann aber gar nicht, und als sie drei Jahre später ihre gemischt-geschlechtliche Mannschaft verlassen musste, sie war das einzige Mädchen in der Mannschaft, ist sie von der Spielerin in die Rolle der Unparteiischen gewechselt.


Viel Kommunikation auf dem Platz

„Die Schiedsrichterei“, wie Wildfeuer es formuliert, sei mittlerweile ihre Passion. Nach wie vor besucht sie regelmäßig Lehrgänge des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Gemeinsam mit anderen Schieds­rich­te­r*in­nen analysiert Wildfeuer dabei Situationen der vergangenen Saison, berät über den angemessenen Umgang mit Spie­le­r*in­nen und versucht, die eigenen Strategien zu verbessern. „Das Ziel ist, auf dem Platz gar nicht aufzufallen. Wenn die Leute nach dem Spiel nicht über den Schiri reden, hat man den Job meist gut gemacht“, so Wildfeuer.

Ihr gefällt es, die Stimmung auf dem Platz wahrzunehmen, einzuschätzen, welche Linie bei der Bewertung von Zweikämpfen für die jeweilige Partie angemessen ist und ihre Strategie entsprechend anzupassen. „Ich mag es, viel mit den Spielern auf dem Platz zu kommunizieren, um die Atmosphäre für ein gutes und faires Spiel zu schaffen“, sagt Wildfeuer. „Bei manchen Spielen schwebt aber schon vor Anpfiff so eine Anspannung über dem Rasen, dass diese Herangehensweise nicht funktioniert. Dann muss ich schnell umdenken.“ Für eine Schiedsrichterin sei es deshalb auch entscheidend, empathisch zu sein und mit verschiedenen Charakteren zurechtzukommen, meint Wildfeuer. 



Seit Donnerstag läuft trotz Sommerpause wieder viel Fußball im Fernseher in Wildfeuers Wohnzimmer. Da ist nämlich die Weltmeisterschaft der Frauen gestartet. Beim Zuschauen steht für Wildfeuer nicht nur die fußballerische Performance im Fokus: „Ich finde es total spannend zu sehen, welche Strategie die Schiedsrichter haben.“ Und während andere vor dem Fernseher davon träumen, selbst mitzuspielen, denkt Wildfeuer bei solchen Partien oft: „Schade, dass ich das gerade nicht pfeife.“



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