Schiedsrichter in der Kritik: Wüten und schäumen
Schiedsrichterschelte gab es schon immer, aber es ändert sich gerade etwas. Zum Glück haben sie beim DFB einen Anwalt für die Unparteiischen.

W ürde die Kulturgeschichte der Schiedsrichterschelte einmal zu Papier gebracht werden, entstünde vermutlich eines der dicksten Bücher dieser Welt. So werden selbst diese vermeintlich so besonderen Fälle dieses Wochenendes kaum dafür geeignet sein, in Erinnerung zu bleiben. Da hilft es auch nichts, wenn Hoffenheims Trainer Christian Ilzer wütete oder schäumte, wie berichtet wurde, und über ein „Skandalurteil“ klagte. Zu viele haben schon vor ihm gewütet und geschäumt.
Dass selbst ein ausgewiesener Gentleman wie FC-Bayern-Stümer Harry Kane dem Schiedsrichter Profilierungssucht unterstellte, weil er ihm mit einer Gelben Karte eine Sperre einbrockte, und zugleich das deutsche Regelwerk, nach fünf Verwarnungen aussetzen zu müssen, infrage stellte („Das ist eine verrückte Regel“), selbst das wird bald vergessen sein. Wer will es dem Mann verdenken, der noch nie einen Titel gewann und nächste Woche in Leipzig zuschauen muss, wenn sein lang gehegter Traum wohl Wirklichkeit wird.
Gut, der deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger hat am Samstag alles in seiner Kraft Stehende getan, um sich mit seiner Rage gegen den Unparteiischen in die Geschichtsbücher einzutragen. Im Pokalfinale in Spanien konnten den ausrastenden Profi Mitspieler und Betreuer von Real Madrid nur mühsam in Zaum halten.
Verlust der Autorität
Im Angesicht der nahenden Niederlage im Clasico gegen Barcelona (2:3) warf er einen Eisbeutel in Richtung des Schiedsrichters, beschimpfte ihn unflätigst und musste vor noch viel Schlimmerem von seinen Begleitern abgehalten werden.
Die Vereinsverantwortlichen von Real Madrid hatten schon vor dem Anpfiff alles versucht, um den Schiedsrichter zu diskreditieren und seine Ansetzung zu verhindern. Ein Video mit all seinen angeblichen Fehlentscheidungen wurde verbreitet und alle offiziellen Real-Termine vor der Partie abgesagt. Der betroffene Referee brach auf einer Presskonferenz vor dem Finale in Tränen aus.
In dieser Häufung stehen die Einzelfälle vielleicht doch für einen Trend. Mit dem Videobeweis hat die Autorität der Schiedsrichter auf dem Platz stark gelitten. Der DFB hat das Problem erkannt und die Stelle eines Anwalts und Kommunikators geschaffen, der in brenzligen Fällen einschreitet und unumstößliche Urteile verkündet. Im Falle des vermeintlichen Hoffenheimer „Skandalurteils“ meldete sich Alex Feuerherdt, Sprecher der DFB Schiri GmbH, zu Wort. Es sei kein Foulspiel am Torhüter gewesen, sondern ein Zusammenprall. Der Schiedsrichter hat also alles richtig gemacht. Gut zu wissen.
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