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Schäuble und die GriechenlandkriseIm Zweifel Rücktritt

Finanzminister Schäuble räumt Meinungsunterschiede mit Merkel ein. Im äußersten Fall würde er eher zurücktreten, als sich untreu zu werden.

Nicht immer einer Meinung: Die Kanzlerin und der Finanzminister. Foto: reuters

Berlin afp | Im Streit um eine Lösung für Griechenland ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im äußersten Fall auch zu einem Rücktritt bereit. „Politiker haben ihre Verantwortung aus ihren Ämtern. Zwingen kann sie niemand“, sagte Schäuble dem am Samstag veröffentlichten Spiegel. „Wenn das jemand versuchen würde, könnte ich zum Bundespräsidenten gehen und um meine Entlassung bitten.“

Der Finanzminister stellte aber auch klar, dass er derzeit nicht über einen Rücktritt nachdenkt. Auf eine entsprechende Frage des Nachrichtenmagazins sagte er: „Nein, wie kommen Sie darauf?“ Schäuble war zuletzt heftig in die Kritik geraten für seine harte Haltung in den Verhandlungen über eine Lösung für das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland. Kritische Stimmen kamen nicht nur aus der Opposition, sondern auch vom Koalitionspartner SPD.

Schäuble räumte ein, dass er und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in den vergangenen Wochen in der Griechenland-Frage nicht immer einer Meinung waren. „Es gehört zur Demokratie, dass man auch einmal unterschiedliche Meinungen hat“, sagte der 72-Jährige. Es gebe jedoch eine Konstante zwischen ihm und Merkel: „Wir wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können.“

Während Merkel sich in den vergangenen Tagen uneingeschränkt dafür einsetzte, mit Griechenland Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket aufzunehmen, äußerte Schäuble sich dazu zurückhaltend. Hohe Wellen schlug ein Papier aus dem Bundesfinanzministerium, in dem ein zeitweises Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone als mögliche Lösung ins Spiel gebracht wurde. Schäuble äußerte sich dahingehend auch noch einmal am Donnerstag, einen Tag vor der Griechenland-Abstimmung im Bundestag.

In dem Spiegel-Interview verteidigte Schäuble den Vorschlag. „Wir haben nie gesagt, dass Griechenland aus der Eurozone austreten soll“, sagte er. „Wir haben nur auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Athen selbst über eine Auszeit entscheiden kann.“ Ein Schuldenschnitt innerhalb der Eurozone sei unmöglich, hob Schäuble hervor. „Das lassen die europäischen Verträge nicht zu.“ Ein Schuldenschnitt wird von vielen Experten als einzige Lösung gesehen, um Griechenland von seiner erdrückenden Last von Verbindlichkeiten zu befreien.

Der Bundestag hatte am Freitag der Aufnahme von Gesprächen über ein drittes Milliardenprogramm für Griechenland zugestimmt. Schäuble stellte in der Parlamentsdebatte heraus, dass er dies als letzte Chance für Athen sehe. „Es ist ein letzter Versuch, um die außergewöhnlich schwierige Aufgabe zu erfüllen“, sagte Schäuble im Bundestag. Zugleich betonte er, es bestehe „die Chance, dass wir die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss bringen können“.

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15 Kommentare

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  • http://www.bildblog.de/67656/medien-spielen-mit-schaeubles-ruecktritt/

     

    Die taz hat zwar korrekterweise dargestellt, dass das Interview mit dem Satz „Nein, wie kommen Sie darauf?“ weitergeht und dies nicht wie BILD und FOCUS unterschlagen, aber ob man sein hypothetisches und spielerisches kokettieren mit vielen Konjunktiven ("wenn" und "würde") als ernsthaften Rücktrittsgedanken überinterpretieren sollte, ist doch mehr als fraglich.

  • Tja... mal endlich ein Hardliner!

     

    Schäuble sollte Kanzler werden.

     

    Das wäre endlich mal ein harter Kanzler, der diesem ganzen Wahn ein Ende bereitet.

     

    Weiter so... Wolfgang!!!

    • @ThinkDifferently:

      Schäuble ist doch einer der Intendanten dieses "ganzen Wahns".

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Woher kommt scheubles harte Linie?

    Er nimmt seinen Amtseid scheinbar sehr ernst, Schaden abzuwenden - von wem auch immer:

     

    "So zeigt eine Analyse von Wolfgang Schäubles sogenannten Grexit-Papier, welches dieser in die Verhandlungen auf dem Brüsseler Gipfel am Wochenende einbrachte, dass Schäuble offenkundig bestrebt ist, ganz persönlich die Kontrolle über den griechischen Staatsbesitz zu erlangen. In dem Papier wird die angestrebte Plünderung unverblümt beschrieben:

     

    Transfer griechischer Vermögenswerte in Höhe von 50 Milliarden Euro an einen externen Fonds, wie die "Institution for Growth" in Luxemburg, um diese mit der Zeit zu privatisieren und die griechischen Schulden zu bedienen.

     

    Eine kurze Recherche ergibt: Die Kapitalgesellschaft mit dem orwell’schen Namen „Institution für Wachstum“ ist eine Tochtergesellschaft der KfW-Bankengruppe. Deren Verwaltungsratsvorsitzender ist Wolfgang Schäuble."

     

    vgl: http://www.rtdeutsch.com/26112/inland/das-grexit-papier-belegt-schaeuble-wollte-fuer-griechenland-pluenderung-seine-eigene-fonds-gesellschaft-einsetzen/

  • "…. „Politiker haben ihre Verantwortung aus ihren Ämtern. Zwingen kann sie niemand“, sagte Schäuble dem am Samstag veröffentlichten Spiegel. „Wenn das jemand versuchen würde, könnte ich zum Bundespräsidenten gehen und um meine Entlassung bitten.“

    …"

     

    Konsequent durchdacht -

    Ist das - wie er& nicht nur er -

    genau weiß - bodenlos!

    Damit droht er nämlich,

    jenseits allem sonstigem

    Salbadern im Klartext der Kanzlerin -

    der nach GG - die Richtlinienkompentemz vorbehalten ist in der Regierung -

    Unverhohlen öffentlich;

    Legt ihr verfassungswidrig quasi den

    Goldenen Zügel an.

     

    Wie unnormal die derzeitige Situation also ist -

    Kann frauman daran ersehen -

    Daß eine derartige Drohung/Nötigung

    a se - für sich, ohne weiteren Anlaß -

    Die Demissionierung - die Entlassung stehenden Fußes zur

    Folge haben müßte - ja müßte!

    Hätte hätte - Fahrradkette;

    (ein Vizekanzler - who¿ - ist schlicht

    'nen Dreck dagegen!)

     

    Aber der Krug bricht so lange am Brunnen -

    Wies oder bis er geht.

    kurz - je eher - je besser.

     

    Quarantaine du taz

     

    Bitte haben Sie Geduld und senden Sie ihn nicht mehrfach ab. - ok -

     

    mit F.K.Waechter - NÖ WIESO!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Den Allrounder de Maizière

    Die Begabteste: von der Leyen

    Super Altmeier (Pofalla wieder ausgraben, da noch nicht alles vom Tisch ist)

    Seehofer (der nicht so beharrlich ist, sondern seine Meinung auch einmal anzupassen bereit ist)

    Oder den frisch in Amerika geschärften Guttenberg.

    Wir in der CDU/CSU hätten so viele gute Leute. Es treten nur leider so wenige zurück.

  • Wir würden einen der brilliantesten Politiker der Nachkriegsgeschichte verlieren. Wäre äußerst bedauerlich.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Hans Joachim:

      Wenn Schäuble einer der brilliantesten Politiker der Nachkriegsgeschichte wäre, müsste es doch eigentlich auch jemandem aufgefallen sein.

       

      Ich würde für einen Menschen, der jegliches Mitgefühl für die Folgen seiner Entscheidungen vermissen lässt, im Gegensatz zu den Verlierern seiner Politik, nicht eine Träne nachweinen.

       

      Soviel zum Thema Verantwortung.

  • auch Wahlen gehören zur Demokratie, Herr Schäuble. Ja bitte, treten Sie zurück

  • Die europäischen Verträge ließen einen Schuldenschnitt nicht zu, verströmt die tibetanische Gebetsmühle ihr Mantra. Dabei gibt es längst ein EUGH-Urteil das auch einen Schuldenschnitt sehr wohl erlauben würde, wie kritische Experten sagen. Diese fragt man aber nicht, sondern nur die Schäuble-Apologeten

  • Es ist doch nicht ungewöhnlich, dass ein Elefant kalte Füsse kriegt, wenn er aus dem Porzellanladen kommt.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Jeder, der das Modell 'Good cop, bad cop' kennt, sollte die Aussage Schäubles richtig einzuordnen wissen.

     

    Die Teilhabe an den Futtertrögen der Macht wird für einen Menschen seines Schlages mit messerscharfem Verstand und semantischer Routine über allem anderen stehen.

     

    Ich mache mir keine unnötigen Sorgen, dass Schäuble der Versuchung von Konsequenz erliegen könnte und von seinem Amt zurücktritt. Immerhin zählt er zu den wichtigsten Männern Europas. Dass die Beschaulichkeit im badischen Gengenbach eine realistische Lebensalternative für ihn darstellt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      "Die Teilhabe an den Futtertrögen der Macht (...)"

       

      Dieser Teilhabe konnten vermutlich auch all die Fischers, Göring-Eckardts, Röstels, Steinbrücks nicht widerstehen.

       

      Ein Futterneider, wer Böses dabei denkt.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Gion :

        Wenn Sie den politischen Proporz brauchen: natürlich befinden sich Machtpolitiker in allen Parteien. Dadurch relativiert sich meine Ausssage in Sachen Schäuble keineswegs.

         

        Was den Futterneid angeht: wer wirklich verstanden werden will, macht nicht nur Anspielungen, sondern sagt, was er denkt.

  • Und alle so: Yeah!