Schadstoffe in Niedersachsens Grundwasser: Gift und Gülle verschmutzen das Wasser
Niedersachsens Flüsse und Seen sind hochgradig mit Schadstoffen belastet – damit auch das Grundwasser. Der Hauptverursacher ist die Landwirtschaft
Jetzt müsse „endlich eine wirkliche Agrarwende erfolgen, um die Umwelt zu schützen und die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten“, sagt Meiwald. Außerdem müsse der Bund eine verschärfte Düngemittelgesetzgebung erlassen, „die auch dem Gewässerschutz dient“.
Fast alle Gewässer in Niedersachsen sind durch Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft mit Nitraten und Phosphaten belastet, in einigen Regionen kommen erhöhte Konzentrationen an Pflanzenschutzmitteln hinzu, vor allem in Flüssen aus dem Harz finden sich zudem immer noch große Mengen an Schwermetallen wie Blei, Cadmium und Quecksilber aus dem ehemaligen Bergbau. In der Summe sind vor allem die drei großen Flüsse Elbe, Weser und Ems sowie ihre Mündungsgebiete in der Nordsee hoch belastet (siehe Kasten).
Auswirkungen auf das Trinkwasser seien jedoch „nur sehr selten zu erwarten“, behauptet die Bundesregierung. Zum einen werde dieses in tiefliegenden Schichten gefördert, während die Belastungen hauptsächlich in oberflächennahen Wasserleitern nachzuweisen seien. Zudem müsse Trinkwasser in einwandfreiem chemischen Zustand sein, der regelmäßig überwacht werde. Tiefliegende wasserführende Schichten seien „noch weitgehend frei von Nitrat“, deshalb sei „eine Gefährdung zum jetzigen Zeitpunkt in der Regel nicht zu befürchten“, formuliert die Bundesregierung ausweichend.
Für die Belastung der Flüsse mit Stickstoff gilt in Niedersachsen ein Grenzwert von 2,8 Milligramm pro Liter (mg/l). Die Realität sah 2014 folgendermaßen aus:
Ems: 5,4 mg/l; Elbe und Weser: je 3,3 mg/l.
Die ökologische Bewertung der Küstengewässer 2008 und 2014: Wattenmeer Jadebusen: 2008 mäßig – 2014 unbefriedigend.
Westliches Wattenmeer Weser: mäßig–unbefriedigend.
Östliches Wattenmeer Weser: mäßig–unbefriedigend.
Offenes Küstengewässer Weser: mäßig–unbefriedigend.
Offenes Küstengewässer Ems: mäßig–unbefriedigend.
Wattenmeer Ems: unbefriedigend–unbefriedigend.
Westliches Wattenmeer Elbe: unbefriedigend–unbefriedigend.
Die Mitgliedstaaten der EU müssen einen guten ökologischen Zustand aller Gewässer nach Möglichkeit bis 2015, spätestens aber 2027, erreichen. Das fordert die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Grundwasser und Oberflächengewässer sollen demnach frei von Schadstoffen und zu vielen Nährstoffen sein. Im April hatte die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen Deutschland eingereicht, weil hier die EG-Nitratrichtlinie nicht umgesetzt werde und zu hohe Nährstoffeinträge in die Gewässer gelängen.
Nach Ansicht der grünen niedersächsischen Minister Stefan Wenzel (Umwelt) und Christian Meyer (Landwirtschaft) ist „die Nitratbelastung alarmierend und muss nachhaltig bekämpft werden“. Jährlich werden rund 80.000 Tonnen Stickstoff und etwa 30.000 Tonnen Phosphat zu viel in Böden und Gewässer eingebracht. Beide Ministerien sind sich einig, dass der Handlungsbedarf groß, „eine bundesweite Lösung aber noch nicht in Sicht“ sei.
Dass auch die Ostsee und viele Gewässer in Schleswig-Holstein zu hohe Konzentrationen an Nitrat und Phosphat aufweisen, hatte die Bundesregierung bereits vor zwei Monaten eingeräumt. Von 45 Gewässerproben vor der deutschen Ostseeküste waren 30 in einem unbefriedigenden oder schlechten Zustand. Beim Nitrat wie auch beim Phosphor wurden Grenzwerte teilweise deutlich überschritten, so ihre Antwort auf eine Anfrage der grünen Abgeordneten Valerie Wilms aus Pinneberg.
„Es wird in der Landwirtschaft viel zu viel gedüngt“, kommentierte Wilms, „das belastet nicht nur die Ostsee, sondern auch das Trinkwasser.“ Ihr Parteifreund Robert Habeck, Schleswig-Holsteins Umwelt- und Landwirtschaftsminister, fordert deshalb vom Bund, das Ausbringen von Dünger auf den Feldern strenger zu regeln. Im Interesse des Gewässerschutzes und der Landwirte müsse eine Düngeverordnung „ohne Schlupflöcher“ her.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau