Saudi-Arabien: Anklage gegen 991 Personen
991 mutmaßlichen Terroristen in Saudi-Arabien wird vorgeworfen, im Namen Al Qaidas Anschläge in dem Königreich verübt zu haben.
KAIRO taz Es ist eine Klage der Superlative im Mutterland Al Qaidas. 991 Menschen wurden am Dienstag von den saudischen Behörden angeklagt, in den letzen fünf Jahren Terroranschläge im Namen Al Qaidas verübt, geplant oder unterstützt zu haben. "Das Königreich war das Ziel einer organisierten Terrorkampagne, die auf unsere Wirtschaft und die Prinzipien des Königreiches abzielte und Chaos schüren wollte", erklärte der saudische Innenminister Prinz Nayef. Dabei gebe es eine direkte Verbindung zu einer Gruppe, die im Geiste Al Qaidas operiere, fügte er hinzu.
Seit Mai 2003 werden die Militanten für über 30 Anschläge in Saudi Arabien verantwortlich gemacht. Dabei kamen 164 Menschen ums Leben und 657 wurden verletzt. Über 160 Attentate sollen in dieser Zeit verhindert worden sein. Bei Razzien seien drei Tonnen Sprengstoff, und tausende kleiner Raketen, automatischer Waffen, Pistolen und Zyanid konfisziert worden, erklärte Prinz Nayef. Der Innenminister machte keine Angaben, ob sich alle Angeklagten in Gewahrsam befinden und welche Nationalitäten sie besitzen.
Bereits am Montag hatte ein Gericht in Riad damit begonnen, die Anklagen der ersten 70 Personen in diesem Zusammenhang zu bearbeiten. Ein ähnliches Prozedere soll auch in Dschidah und in den östlichen Provinzen beginnen. Ein Datum für den ersten Prozess wurde allerdings noch nicht festgelegt.
Aus saudischen Gerichtskreisen verlautet, man habe nicht genug Richter, um die große Anzahl der Fälle schnell zu bearbeiten, es könne daher zu Verzögerungen kommen. Der saudische Justizminister Abdullah Al-Scheich erklärte, dass die Prozesse unter besonderen Sicherheitsverkehrungen stattfinden werden. Die Öffentlichkeit und Medien sollen ausgeschlossen werden, aber die Angeklagten hätten das Recht, Anwälte zu bestimmen. Allerdings haben bereits mehrere prominente Anwälte erklärt, "aus persönlichen Gründen" keine Terror-Angeklagten verteidigen zu wollen.
Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Right Watch (HRW) meldete bereits Zweifel über die Rechtmäßigkeit der bevorstehenden Prozesse in einem Land an, in dem es kein kodifiziertes Strafrecht gibt und die Interpretation des Rechtes weitgehend den Richtern überlassen ist.
Die Anschlagserie der sogenannten "Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel" begann vor fünf Jahren in der saudischen Hauptstadt Riad mit zwei Selbstmordanschlägen auf Wohnanlagen für Ausländer. Das letzte Mal geriet die Gruppierung mit dem versuchten Sturm auf die weltweit größten Ölanlagen in Abqaiq im Osten Saudi Arabiens im Februar 2006 in die Schlagzeilen, der aber zurückgeschlagen wurde.
Bei den Angeklagten soll es sich laut der saudischen Tagezeitung Al-Riyadh um "Ausführende, Hetzer und Unterstützer" handeln. Viele der Männer sollen vorher in Afghanistan und Irak gekämpft haben.
Laut Human Rights Watch sollen sich 3.000 Menschen ohne Anklage in saudischer Verwaltungshaft befunden haben. 1.500 sollen laut Innenministerium im Februar 2007 freigelassen worden sein, nach dem sie sich Erziehungsprogramm für eine andere Dschihad-Interpretation unterzogen hatten. Human Rights Watch schätzt, dass seitdem erneut bis zu 1.000 Menschen als Terrorverdächtige festgenommen wurden.
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