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Satirikerin über Frauen auf der Bühne„Es ist noch eine Nische“

Auftritte von älteren, lustigen Frauen sind ein Politikum, sagt Ella Carina Werner, die gerade wieder mal als einzige Frau mit acht Männern auftrat.

Lustige Frauen sind auf Bühne noch immer die Ausnahme: Ella Carina Werner Foto: Alexander Krause/Mehringhof-Theater
Friederike Gräff
Interview von Friederike Gräff

taz: Besetzt man als lustige Frau noch eine Nische auf der Bühne, Frau Werner?

Ella Carina Werner: Es sind immer noch weit unter 20 Prozent Frauen, die auf der Bühne stehen oder in Satiremedien veröffentlichen. Insofern ist es tatsächlich noch eine Nische.

taz: War es für Sie als Autorin immer klar, dass Sie dorthin wollen?

Werner: Ich habe schon in der Grundschule nur super alberne Comics und lustige Reimgedichte geschrieben. Es war eher andersrum so, dass ich erst mit ungefähr 20 gecheckt habe, was ich da eigentlich mache: dass das Komik ist und dass das ein Job sein kann.

taz: Inzwischen gibt es ja ein paar Frauen in dieser Nische, Anke Engelke, aber auch Carolin Kebekus und Hazel Brugger.

Werner: Als ich etwa 2007 angefangen habe, da gab es dort praktisch gar keine Frauen. In den letzten fünf bis zehn Jahren sind mehrere Frauen sehr erfolgreich geworden. Ich könnte jetzt aus dem Stegreif auch 30 nennen, aber ich könnte auch 500 Männer nennen. Ich war gerade bei einer Comedy-Veranstaltung als einzige Frau mit acht Männern auf der Bühne. Das fällt keinem auf, es gilt immer noch als normal.

taz: Ist es ein Vor- oder ein Nachteil als einzige Frau neben acht Männern zu sitzen?

Bild: Foto: Julia Schwendner
Im Interview: Ella Carina Werner

45, ist Autorin und Mitherausgeberin des Satire-Magazins Titanic. Im März erscheint ihr nächstes Buch „Der Hahn erläutert unentwegt der Henne, wie man Eier legt“.

Werner: Das kann beides sein. Ich habe das Gefühl, dass ich es allmählich ganz gut als Vorteil nutzen kann, gerade in der politischen Satire. Aber man muss schon viel Selbstbewusstsein haben. Als ich bei der Titanic angefangen habe, kamen die Leute nach den Lesungen auf mich zu und sagten: Oh, es ist so mutig, dass du da als Frau mitmachst. Dieses ständige „Du bist die Frau“ ist auch anstrengend und man muss erst mal seine Rolle finden.

taz: Was bedeutet das?

Werner: Wenn die Kollegen deutlich mehr reden und die Gags machen, frage ich mich schon mal: Wirkt das so, dass die Frau mal wieder nichts sagt? Da fühle ich mich leicht unter Druck gesetzt, auch ein bisschen lauter zu sein. Auf der anderen Seite, gerade wenn ich mit vielen Männern auftrete, denke ich manchmal auch: völlig egal, wie der Text ankommt, die brauchen hier eine Frau.

taz: Sie schreiben, es sei auch ein politisches Statement als lustige und ältere Frauen aufzutreten. Inwiefern?

Werner: Im Fernsehen oder auch auf Theaterbühnen werden weibliche Comedians ab 50 fast gar nicht mehr gebucht. Das erzählen mir viele Kolleginnen. In den Fünfzigern werden Frauen aussortiert, weil sie vielleicht nicht mehr so fuckable sind oder so schön aussehen. Deswegen war es uns wichtig, nicht nur zu sagen: Hey, wir sind gleich mehrere lustige Frauen, sondern wir sind auch mehrere ältere, lustige Frauen und das gibt es auch.

taz: Also politisches Statement und Verkaufsargument in einem?

Werner: Wir haben zum Glück alle Solo-Veranstaltungen und damit ein gutes Standing, und so ist das jetzt nicht aus einer Verzweiflung heraus geboren. Entstanden ist es auch, weil wir relativ oft in wechselnden Formationen für so etwas wie den Weltfrauentag gebucht wurden oder von Frauenbeauftragten. Dann haben wir uns zusammengetan. Es macht einfach total Spaß, als Gruppe aufzutreten. Aber das Politikum daran ist mehr im Mindset, als dass wir es auf der Bühne thematisierten.

Die Show

Textbomben mit Kirsten Fuchs, Ella Carina Werner, Katinka Buddenkotte und Susanne M. Riedel, 30. 1., 20 Uhr, Centralkomitee, Steindamm 45, Hamburg

taz: Wer kommt erfahrungsgemäß zu diesen Abenden?

Werner: Es ist ungefähr das Publikum, was ich solo erreiche. Ältere, kluge, lustige Frauen zwischen 40 und 75, das ist das Stammpublikum.

taz: Kommen auch Männer?

Werner: Vielleicht zu 20 Prozent. Bei mir kommen auch oft Leute über die Titanic oder Die Partei, weil ich ja in diesen Männerfeldern aktiv bin. Oder sie kommen als Pärchen.

taz: Spielt es für das Programm eine Rolle, dass das Publikum vor allem aus Frauen besteht?

Werner: Ich fand es interessant, dass wir bei den ersten Auftritten der Textbomben intuitiv stärker Themen genommen haben wie Gebären, zum Frauenarzt gehen, Kinderlosigkeit – also solche, die als Frauenthemen wahrgenommen werden. Dann haben wir uns bewusst dafür entschieden, eher unisex-Fragen zu nehmen. Wir wollen alle Themen abdecken.

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