Satire-Magazin kauft rechtes Lügenportal: „Infowars“ zweckentfremdet
Jahrelang hat das Portal von Alex Jones gehetzt und Verschwörungserzählungen verbreitet. Jetzt hat das US-Satiremagazin „The Onion“ es aufgekauft.
Das gefällt Alex Jones gar nicht: Ausgerechnet das Satiremagazin The Onion hat seine rechte und hetzende Lügen-Plattform Infowars ersteigert. Wie viel die Onion dafür zahlen musste, ist bisher nicht bekannt. Dafür aber, dass sie dabei von den Angehörigen der Opfer des Sandy-Hook-Massakers unterstützt wurde.
Die Angehörigen sind auch der Grund, warum das Portal inklusive Studio in Texas, Videoarchiv, Social-Media-Accounts und Markennamen überhaupt versteigert wurden. Denn der Verschwörungsideologe Alex Jones wurde für seine Lügen über das Sandy-Hook-Massaker im Jahr 2022 in mehreren Prozessen zu Strafen von insgesamt 1,4 Milliarden US-Dollar verurteilt. Um sie bei den Hinterbliebenen der Opfer abzubezahlen, muss Alex Jones auch sein persönliches Vermögen liquidieren. Und eben einiges versteigern, so wie Infowars.
Bei dem Amoklauf in der Sandy Hook Elementary School im Jahr 2012 tötete ein Zwanzigjähriger 26 Menschen. Darunter waren sechs Mitarbeitende der Schule und zwanzig Grundschulkinder, davor hatte er seine Mutter getötet. Auf seinem Portal log Alex Jones wiederholt, dass das Massaker erfunden sei. Er verbreitete die Desinformation, dass es sich um eine Inszenierung mit Schauspieler*innen handle, mit der die Obama-Regierung Stimmung gegen lockere Waffengesetze machen wolle. Diese Aussagen sind falsch. Das Massaker hat tatsächlich stattgefunden.
Die Lügen von Jones hatten allerdings Konsequenzen, insbesondere für die Hinterbliebenen. Denn auch wenn sie absurd klingen, glaubten und glauben sie dennoch viele. Die Opferfamilien waren Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt.
Jones hatte aber bereits vor dem Sandy-Hook-Massaker Erfahrung im Lügen. Bekanntgeworden war er durch seine Äußerungen kurz nach dem 11. September 2001, dass es sich bei den Anschlägen um einen Inside-Job handle. Auch in vielen anderen Bereichen verbreitet er Verschwörungsideologien. Er spricht von erfundenen Pandemien und Kriegen, von Eliten, von der „Neuen Weltordnung“ und dem „tiefen Staat“. Allesamt rechte und antisemitische Verschwörungserzählungen.
Was will „The Onion“?
The Onion veröffentlichte kurz nach dem Kauf einen Beitrag von ihrem – Satiremagazin eben – erfundenen CEO „Bryce Tetraeder“. In diesem Beitrag wird Infowars als Familienmitglied bezeichnet. Der Kauf sei eine einfache Entscheidung gewesen. Infowars habe sich seit seiner Gründung zu „einem unschätzbaren Werkzeug zur Gehirnwäsche und Kontrolle der Massen erwiesen“. Nach einer Aufzählung von verschiedenen dort verbreiteten Verschwörungserzählungen kommt „Tetraeder“ zu dem Schluss: „Infowars hat sich unermüdlich dafür eingesetzt, Wut zu erzeugen und die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft zu radikalisieren.“
In einem Interview erklärte Ben Collins, der echte CEO des Unternehmens, zu dem The Onion gehört, dass der Kauf nur möglich geworden sei, weil Opferfamilien sich dazu bereiterklärt hätten, dafür auf einen Teil der Jones-Schulden zu verzichten. Auch das Ziel stellte er noch mal klar: „Wir wollen, dass die Leute in ein paar Jahren sagen: ‚Oh Infowars! Diese lustige Website.‘“ Außerdem teilte die Onion mit, dass es bei Infowars in Zukunft auch darum ginge, Waffengewalt zu verhindern. Partner dafür ist die Organisation Everytown for Gun Safety. Bereits seit Jahren setzt sich Onion gegen Waffengewalt ein und kritisiert lasche Waffengesetze.
Bis die Seite in neuer Aufmachung online ist, dauert es aber vielleicht noch ein bisschen. Ein Richter vom Bundeskonkursgericht in Texas hat eine erneute Anhörung angeordnet, die in der kommenden Woche stattfinden soll. Denn das Rechtsteam von Alex Jones kritisiert, dass die Aktion nicht rechtmäßig abgelaufen sei. Auch Jones poltert in einem Video. Darin bemängelt er, dass es kein offenes Bieten gab, sondern die Gebote in Briefen abgegeben wurden.
Infowars ist derweil bereits nicht mehr erreichbar. Die neue Besitzerin hält so erst einmal die Verbreitung von Lügen auf. Alex Jones wird zwar nicht verschwinden. Er wird sich einen neuen Ort suchen. Aber die Onion hat sich ein Stück Internet und Öffentlichkeit geholt, das bisher von einem Verschwörungsideologen bespielt wurde.
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