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Sanktionen wegen Putins PolitikEU will nicht mehr Papiertiger sein

Seit März drohen die Europäer, nun soll es losgehen: Europa beschränkt Handel mit Russland wegen der Ukraine-Krise drastisch.

Er soll noch an die Russen geliefert werden dürfen: Hubschrauberträger auf der Werft im französischen Saint-Nazaire. Bild: rtr

BRÜSSEL dpa/rtr/taz | Die 28 EU-Regierungen sind in der Ukraine-Krise grundsätzlich einig über Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Nach Angaben von Diplomaten verständigten sich die EU-Botschafter am Freitag auf eine Erschwerung des Zugangs zu den EU-Finanzmärkten, ein Verbot künftiger Waffenexporte, ein Ausfuhrverbot für Hochtechnologieprodukte und auf Exportbeschränkungen für Spezialanlagen zur Öl- und Gasförderung.

Dies sind die ersten Wirtschaftssanktionen, mit denen Moskau dazu veranlasst werden soll, die prorussischen Separatisten nicht länger zu unterstützen. Bisher hat die EU lediglich Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen 87 Personen sowie 18 Organisationen und Unternehmen beschlossen.

Die EU-Kommission soll nun bis zum Montag Verordnungstexte für die Umsetzung der Sanktionen vorlegen. Diese sollen dann am Dienstag von den EU-Botschaftern offiziell gebilligt werden, sofern Russland nicht in letzter Minute Zeichen für ein Einlenken gibt. Das Konzept stehe,nur juristische Details müssten aber noch ausgearbeitet werden, hieß es.

Da die Staats- und Regierungschefs sich im März vorbehalten hatten, selbst über mögliche Wirtschaftssanktionen zu entscheiden, ist noch unklar, ob und wann möglicherweise ein EU-Sondergipfel einberufen wird. Der nächste EU-Gipfel ist für den 30. August geplant. Möglicherweise werde EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Regierungschefs auch schriftlich um deren Zustimmung bitten.

Banken, Waffen, Dual Use

Die Wirtschaftssanktionen orientierten sich weitgehend an einem Vorschlagspapier der Kommission. Darin heißt es, die russischen Firmen und Finanzinstitutionen seien "stark abhängig von den Kapitalmärkten der EU". Fast die Hälfte aller neuen Anleihen (15,8 Milliarden Euro Gesamtvolumen) seien 2013 durch öffentliche russische Finanzinstitutionen auf den Markt gebracht worden. Daher soll der Kauf neuer Anleihen bei Banken, die zu mehr als 50 Prozent im Staatsbesitz sind, verboten werden.

Beim Verbot von Waffenexporten geht es um jährliche Ausfuhren im Wert von knapp 300 Millionen Euro, vor allem aus Frankreich und Deutschland. Das Verbot soll nur für künftige Verträge gelten. Dadurch würde auch die Lieferung zweier französischer Hubschrauberträger im Wert von 1,2 Milliarden Euro an Russland ermöglicht. Auch Güter, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind, dürfen dann nicht mehr exportiert werden. Es geht unter anderem um spezielle Materialien, Werkzeugmaschinen und besonders leistungsstarke Computer. Die Ausfuhren der EU in diesem Bereich werden mit vier Milliarden Euro jährlich angegeben.

Die EU wird auch Technologie mit einem Ausfuhrverbot belegen, die für ungewöhnliche Öl- und Gasförderung - beispielsweise in der Arktis - benötigt wird. Die EU-Exporte in diesem Bereich beliefen sich auf 150 Millionen Euro jährlich, heißt es in dem Kommissionspapier. Da es sich um langfristig wirksame Investitionen handele, hätte ein Ausfuhrverbot keine Auswirkungen auf Russlands Öl- und Gasförderung. Es sei auch praktisch unmöglich, auf andere Hersteller als die EU-Lieferanten auszuweichen.

Noch am Freitag will die EU eine Liste mit 15 Personen und 18 Einrichtungen einschließlich einiger russischer Firmen veröffentlichen, gegen die sofort Kontosperren verhängt werden. Ihnen wird die Mithilfe bei der Abspaltung der Halbinsel Krim von der Ukraine und bei der Destabilisierung der Ukraine vorgeworfen.

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11 Kommentare

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  • Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich der Bürgerkrieg auch in den Westen des Landes ausbreitet. Die Bevölkerung will diese Regierung nicht, das ergaben Umfragen vor 2 Monaten.

     

    Denn dieser Regierung schenkt man kein Vetrauen mehr.Wie auch, wenn jetzt Leuten bis zum 60. Lebensjahr der Einberufungsbefehl droht.

     

    Jazenjuk schleicht sich davon, Poroschenko ist jetzt schon am Ende und die Zopftante Timoschenko wartet auf ihre große Chance. Der Bürgerkrieg wird das ganze Land erfassen...USA und EU sind die eindeutigen Verlieren....SELBER SCHULD !!!

  • HOFFNUNGSVOLLE ZEICHEN

     

    Gegen den Dollar: Erdoğan will eine Allianz mit Putin schließen

    Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 26.07.14, 00:04 |

    Die Türkei möchte den US-Dollar als Leitwährung beim Handel mit Russland ablösen. Stattdessen sollen der Rubel und die Türkische Lira als Zahlungsmittel dienen. Damit möchte das Land künftige Sanktionen gegen Russland umgehen. Denn Russland ist der zweitgrößte Handelspartner der Türkei. Für die Nato könnte die Kehrtwende zum Problem werden.

  • Hmm? Die EU spinnt! Was sollte Russland denn tun? Sich an den Westen verditschen- oder was?

    Die EU sollte lieber auf Annäherung setzen, auf Handel mit der Eurasischen Union-

    Anstatt als Helot der USA den Kalten Krieg wiederzubeleben!!!

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @vergessene Liebe:

      Meinen Sie das ernst? Oder doch satirisch? Sollen wir uns wirklich von Leuten wie Putin auf der Nase herumtanzen lassen? Es reicht doch schon, wenn Obama uns am Nasenring durch die Arena zieht. Es wird Zeit, dass sich die EU auf sich selbst besinnt und endlich eine selbtbewusste Politik betreibt, die UNSEREN Maßstäben entspricht, nicht den Machoträumen eines Putin oder dem imperialen Gehabe der US Präsidenten.

      • @1714 (Profil gelöscht):

        Haaha... Grins* ... Klar meine ich es ernst! Herr Putin ist m.E. ein `alter Mann´, wesentlich mehr Friedensfixiert als NATO/USA/EU... lass ihm doch seine altersbedingten Extravaganzen! Er ist fern von Verrücktheiten Silvio Berlusconi´s !!! OK: ohne Herrn Putin würde Mr. Edward Snowden längst vergessen sein! Ja.. es mangelt der EU an selbstbewusstem politisch-humanistischem Geist... ( Seufz*) ..

        Gut täte es der EU eine Politik kritischer Freundschaft mit den USA, sowie eine Politik friedlicher Annäherung an die Eurasische Union anzustreben...

        Siehe Ukraine: die Machtpolitik von EU, NATO und USA hat, ignorierend den Konflikt zwischen West und Ost Ukraine des II.ten Weltkriegs die alten Wunden aufgerissen...

        Die kosmopolitischen friedlichen Ideen des MAIDAN wurden von USA/EU/NATO instrumentalisiert.. (es mag sie noch im Untergrund geben..) aber sie sind sozial einfach weg...

        Der gegenwärtige(und historische) Geist der Spaltung, der Ost und Westukraine hassvoll beherrscht...

        ...kann nur überwunden werden durch Diplomatie, die Annäherung und Frieden und Cooperation als ihre Axiome sieht!

      • @1714 (Profil gelöscht):

        "Es wird Zeit, dass sich die EU auf sich selbst besinnt und endlich eine selbtbewusste Politik betreibt, die UNSEREN Maßstäben entspricht..." Vollkommene Zustimmung. Allerdings sehe ich nicht, dass uns Putin auf der Nase herum tanzt. Er vertritt die Machtinteressen Russlands. Das ist übrigens auch seine Aufgabe als russischer Präsident. Und die EU sollte ihre Machtinteressen verfolgen. Treffen beide aufeinander muss man sich friedlich einigen und nicht die beleidigte Leberwurst spielen...

  • Weiß man schon weshalb es die sanktionen gibt?

    Hat Russland einen völkerrechtswidrigen Krieg vom Zaune gebrochen oder bespitzelt es die halbe Welt? WESHALB also Sanktionen?

  • Was hat Russland denn beweisbares getan?

     

    Aber das ist schon richtig. Amerika will die Sanktionen, also folgt Europa. Russland wird zwar eine Weile brauchen, um sich umzustellen, aber danach bezieht es die benötigten Dinge eben über China.

     

    Die Auswirkungen gerade auch auf die schwächeren EU Staaten werden nachhaltig sein und die EU weiter destabilisieren. Super gemacht Politiker Europas. Und die Amerikaner werden unterm Strich davon profitieren, da ihr Handel mit Russland kaum ins Gewicht fällt. Wie dumm kann man eigentlich sein?

  • Tja - wenn man Vasall ist, muss man eben leiden...

    Früher musste man für den König ins Feld ziehen, heute eben die eigene Wirtschaft im Dienste der USA schädigen.

    Früher gab es das "ius primae noctis", heute muss sich die deutsche Bevölkerung schutzlos vor der NSA entblößen.

    Usw...

    Komisch ist, dass auch Frankreich und Italien diesen Schwachsinn mitmachen. Dass hingegen Merkel/Steinmeier kein Rückgrat haben, wundert mich nicht.

    • @XXX:

      Frankreich macht mit, weil da steht, dass die Sanktionen erst für künftige Geschäfte gelten. Die Hubschrauberträger dürfen also noch geliefert werden. Aber man ist erst einmal aus der Schusslinie.

       

      Evtl. spielt auch die Hoffnung mit, dass es bald keine Ukraine mehr gibt und die Sanktionen damit stillschweigend begraben werden. Oder spielen die Sanktionen gegen China wegen der Ereignisse 1989 noch eine Rolle? Allerdings wird jetzt erst einmal eine Menge Porzellan zerschlagen...