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Sanierung mit FragezeichenBei den traurigen Tropen

Für Sanierungen vorübergehend umzuziehen, ist schon für Menschen hart. Für die pflanzlichen Bewohner des Hamburger Tropenhauses wird es existenziell.

Ein Schaugewächshaus, in das vorerst keiner mehr zum Gewächseschauen kommt Foto: Illustration: Sebastian König

Hamburg | taz Das Reich, in dem die tropischen Pflanzen wuchern, liegt in Hamburg mitten in der Stadt. Die Luft hier drinnen ist feucht und schwül, meterhoch ragen die Kakaobäume mit ihren gelben Früchten bis zu einem gläsernen Dach, das die Sonne hereinlassen würde, wenn sie in Hamburg denn schiene.

Heute scheint sie eher nicht, dafür tropft es von der Decke. „Das ist die Luftfeuchtigkeit“, sagt Gärtnermeister Jörn Thomeyer. Will heißen: Kein Grund zur Sorge, alles ganz normal. Ein bisschen Alarm war gewesen, einige Wochen ist das jetzt her: Die Schaugewächshäuser am Hamburger Dammtor-Bahnhof, direkt im Park Planten un Blomen gelegen und ein beliebtes Ausflugsziel, seien einsturzgefährdet, berichtete die Lokalpresse. Seit Jahren hätten sie saniert werden sollen, das Geld dafür sei sogar da, von lokalen Politikgrößen herbeigeschafft aus Berlin, aber nichts sei passiert.

Tatsächlich sind die Gewächshäuser schon länger geschlossen, „wegen umfangreicher Sanierungsarbeiten“, wie ein Zettel an der Eingangstür verrät.

Das stimmt nicht ganz. Die Sanierungsarbeiten haben noch nicht begonnen. Geschlossen seien die Gewächshäuser wegen Corona, sagt Gärtnermeister Thomeyer, der mit seinem Chef Heiko Lüdke die taz herumführt, damit sie sehen kann: nix mit Einsturzgefahr.

Gebläse als Virenschleuder

Die warme Luft in den Gewächshäusern kommt aus Gebläsen, die die Viren, so sie in der Luft wären, verteilen würden. Doch die Gebläse sind weiter hinten. Erstmal geht es vorbei an dem Teich, der unter dem Kakaobaum plätschert und an dem sonst Schildkröten in einer großen Muschel wohnten; vorbei an einer acht Meter hohen Bananenstaude, deren Stamm gar kein Stamm ist, sondern sich anfühlt wie Haut; bis am Ende des Tropenhauses der höchste Punkt erreicht ist.

Hier sind tatsächlich schon Pflanzen weggeräumt, auf dem Boden liegt eine Plane, auf die es von oben nieselt. Die ganze Konstruktion der Gewächshäuser ist eine Besonderheit, das lässt sich von hier aus gut sehen: die Glasscheiben sind von außen an Stahlträgern aufgehängt, im Innern gibt es nichts, was sie stützt, keine Säule versperrt den Blick.

Zur Internationalen Gartenausstellung 1962/63 entstanden die Gewächshäuser, nach 60 Jahren kann da ja schon mal was kaputt gehen, oder nicht? So erklären es die beiden Führer durch „Hamburgs Tropen“, wie Gärtnermeister Thomeyer sein Reich zärtlich nennt.

Im nächsten Gewächshaus, nur durch eine Tür verbunden, steht ein Palmfarn, über 200 Jahre alt. Der wurde vom Gründer des Botanischen Gartens Jo­hann Georg Chris­ti­an Leh­mann im Jahr 1834 nach Hamburg gebracht und ist unersetzbar, weil genetisch ausgestorben. Thomeyer verlangsamt ehrfürchtig den Schritt.

Alles muss raus

Es wird kühler auf dem Rundgang. Am Ende stehen die Kakteen, von denen viele mit demselben rotweißen Absperrband umwickelt sind, das schon vorher immer wieder zu sehen war. Die Absperrbänder markieren die Pflanzen, die als erste weggeschafft werden, erklärt der Gärtnermeister. Alle Pflanzen müssen weg, nach und nach, sonst kann die Sanierung nicht beginnen. Der Umzug der Pflanzen werde wohl zwei Jahre dauern.

Wohin die Pflanzen kommen? Er zuckt mit den Schultern. Wie lange die Sanierung dauern wird? Ist noch nicht klar. Eine Mauer bei den Kakteen ist abgestützt, „eine Vorsichtsmaßnahme“.

Einige Tage später gibt die Stadt Hamburg eine offizielle Mitteilung heraus. Von einem „kompletten Neuaufbau der Fassadenkonstruktion“ ist da die Rede, vom „Zustand der Tragkonstruktion“, der sich „auf die Standsicherheit der Gebäude“ auswirke.

Das klingt gar nicht gut. Und nicht direkt so, als ob es in nächster Zeit noch irgendwelche Führungen gäbe.

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