Sanierung Hamburger Schaugewächshäuser: Ein verbummeltes Jahrzehnt

2016 gab der Bund Geld für die Sanierung der denkmalgeschützten Schaugewächshäuser im Park Planten un Blomen. In drei Jahren soll es endlich losgehen.

Gewächshäuser unter einer Stahlkonstruktion, drinnen sind Wüstenpflanzen zu sehen

Maroder, als man auf den ersten Blick sieht: die Schaugewächshäuser in Planten un Blomen Foto: Dorfmüller | Klier

Dass der Fortschritt eine Schnecke ist, ist in Deutschland zurzeit die meist strapazierte Binsenweisheit. Aber immerhin, Fortschritt. Wenn aber die Reparatur des Status quo sich über ein Jahrzehnt hinzieht, dann ist das schon weniger als Stillstand.

Die Schaugewächshäuser in Hamburgs zentralem Park Planten un Blomen sind so ein Fall. Die filigrane Stahlkonstruktion ist ein Baudenkmal, 1963 zur Bundesgartenschau vom Architekten Bernhard Hermkes entworfen, der in Hamburg auch für den vorbildlichen sozialen Nachkriegs-Wohnungsbau der Grindelhäuser oder das kühn geschwungene Audimax steht.

Die Gewächshäuser sind auch ein Ort der Wissenschaft mit rund 3.000 zum Teil seltenen Pflanzen aus verschiedenen Klimazonen. Und an einem Wintertag kann man hier bei tropischen Temperaturen die durchgefrorenen Kinder aufwärmen und nebenbei für Natur begeistern – kostenlos. Oder besser gesagt: konnte. Denn seit 2019 ist der Komplex wegen Baufälligkeit geschlossen.

Die gute Nachricht ist: Die Gewächshäuser werden saniert, denkmalgerecht und barrierefrei. Die schlechte: Es dauert bis 2029. Und das liegt nicht daran, dass die Pflanzen erst neu wachsen müssten. Die werden in ein neues Gewächshaus im Botanischen Garten umgesiedelt – und dann repatriiert.

Beim freien Eintritt soll es bleiben, aber garantieren mag das niemand

Das Ganze kostet 61 Millionen Euro. Schon 2016 hatte der Bund dafür 13 Millionen locker gemacht, auf Grundlage einer eher groben Kostenschätzung. Nun muss Hamburg 45 Millionen „dazuzahlen“ und die Uni als Hausherr auch noch mal drei. Das hat auch mit den seither kräftig gestiegenen Baupreisen zu tun.

Hamburg ist eben immer noch die Stadt der Pfeffersäcke, die öffentliches Geld immer erst dann locker macht, wenn es gar nicht mehr anders geht. Die sich erst eine Trinkwasseraufbereitung zugelegt hat, als Tausende an der Cholera gestorben waren. Die eben auch ein Gewächshaus mit 300.000 Be­su­che­r:in­nen im Jahr so lange verrotten lässt, bis es von einem Tag auf den anderen schließen muss. Bringt ja schließlich auch kein Geld ein.

Dass das so bleibt, ist nicht sicher: Darüber, ob künftig Eintritt erhoben werden soll, habe man noch keine abschließende Einigung erzielt, sagte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne), auch wenn sie vorher die Niedrigschwelligkeit gepriesen hatte.

Die liegt Uni-Präsident Hauke Heekeren ebenfalls am Herzen, der die Uni dichter an die Menschen rücken möchte. Deswegen will er ohne Eintrittsgeld auskommen. Und auch Dominik Begerow möchte die Finanzierung nicht gern „über ein Kassenhäuschen regeln“. Der Botanik-Professor ist für die Gewächshäuser zuständig, seit er vor einem Jahr Leiter des Botanischen Gartens wurde, der in Hamburg natürlich „Loki-Schmidt-Garten“ heißen muss. Von dort wisse man, dass das auch über eine Spendenbox am Ausgang funktioniere. „Das kriegt der Botanische Verein schon ganz schön gut hin.“ Das ist dann vielleicht das andere, sympathischere Ende dieser Stadt.

Als ihr Bürger hätte man lieber klare Garantien. Gerade weil der kostenlose Zugang zur Elbphilharmonie-Plaza jüngst wieder in Frage gestellt wurde. Obwohl die Bürgerschaft, also das Parlament, ihn einst beschlossen hatte.

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Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

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