piwik no script img

Samsung warnt vor Smart-TVVorsicht – Spionfernseher hört mit

Elektronische Geräte lassen sich nicht nur per Knopfdruck bedienen, sondern zunehmend auch mit Spracherkennung. Das hat Nebenwirkungen.

Obacht mit den neuen Kisten. Bild: dpa

BERLIN taz | Achtung – Fernseher hört mit. Der Hersteller Samsung weist seine Kunden darauf hin, mit privaten Gesprächen im Wohnzimmer vorsichtig zu sein. Zumindest wenn sich ein Smart-TV mit aktivierter Spracherkennung im Raum befindet. Dann registriere das Gerät nämlich Gespräche und übertrage Daten an einen Drittanbieter, heißt es in der Datenschutzerklärung, die in den letzten Tagen über Reddit und Twitter verbreitet wurde.

Spracherkennung dient etwa dazu, Geräte auf Zuruf zu bedienen. Diese befinden sich in einer Art Stand-by-Modus, in dem sie beispielsweise durch ein Sprachkommando wieder aktiviert werden können. Für die Nutzer soll das den Komfortvorteil bieten, keine Fernbedienung in die Hand nehmen zu müssen.

„Einige Sprachkommandos“, so heißt es in Samsungs Datenschutzerklärung, würden einem Drittanbieter übermittelt, der Sprache in Text transferiert, gemeinsam mit gerätebezogenen Daten, die eine Identifizierung des Nutzers ermöglichen. Darüber hinaus erhebe Samsung mit den Sprachbefehlen „verbundene“ Äußerungen. Enthielten Gespräche „persönliche oder andere sensible Informationen“, seien diese Teil der übermittelten Daten.

Samsung ist nicht der erste Konzern, der sich nun Big-Brother-Vorwürfen ausgesetzt sieht. Microsofts Konsole Xbox One, die das Unternehmen vor zwei Jahren vorstellte, erntete Negativschlagzeilen nicht nur für ihre Hellhörigkeit. Eine Kamera registriert Gesichter und Mimik im Raum.

Googles umstrittene Datenbrille Glass hört ebenfalls auf Sprachkommandos – muss also ebenfalls den Sprachfluss auf Kommandos durchforsten. Und Smart-TVs von LG standen in der Kritik, weil sie detailliert die Sehgewohnheiten der Nutzer protokollierten und die Daten übermittelten.

Auch Spracheingaben von iPhone-Nutzern, die die Spracherkennungssoftware Siri nutzen, bleiben nicht beim Anwender: Die gesprochenen oder diktierten Texte werden an Apple übermittelt und nach Unternehmensangaben bis zu zwei Jahre aufbewahrt. Für Nutzer von Siri gibt es weitere Nebenwirkungen: So kann die Software auf Befehl persönliche Daten des iPhone-Besitzers, wie Telefonnummer, Mail-, Wohn- und Arbeitsadresse, preisgeben – und zwar auch bei gesperrtem Bildschirm. Das Gerät navigiert auf Wunsch auch zum Wohnort des Besitzers, auch das bei gesperrten Bildschirm.

Samsung bemühte sich am Montag um Schadensbegrenzung: Nutzer müssten erst per Knopfdruck eine Suchanfrage über Sprachbefehl aktivieren, erklärte das Unternehmen. Vorher würden keine Aufnahmen übertragen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Man muss fairerweise sagen: fast alle Geräte mit Sprachsteuerung, und das sind nicht wenige, haben einen entsprechenden Passsus "persönliche Daten können verwendet werden für etc...". Das einzige was Samsung hier herrausstellt ist dass sie explizit darauf hinweisen dass das eben auch persönliche Informationen sein können die man besser vom Gerät fernhält. Insofern ist der "shitstorm" hier in der Sache zwar gerechtfertigt, trifft aber ausgerechnet denjenigen der sich noch vergleichsweise fair verhält und das nicht stillschweigend macht so wie alle anderen.

     

    @warum_denkt_keiner_nach? es geht dabei höchstwahrscheinlich nicht um die on the fly Erkennung an sich, sondern darum eine Datenbank mit echten Sprachsamples zu kriegen um die Erkennung zu verbessern. Am interessantesten sind hier ja naturgemäß Befehle von echten usern die echt gemeint waren, aber eben nicht erkannt wurden, und die sind anderweitig einfach schwer zu kriegen.

  • Gibt es eigentlich irgendeinen technischen Grund, die Daten zu einem Server zu übertragen? Mir fällt keiner ein.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Bessere Rechenleistung. Spracherkennung ist eine rechenintensive Aufgabe. Aber vor allem: Big Data = Big money