Sammelabschiebung aus Hannover: Im Flieger nach Afghanistan
Von Hannover ging diese Woche ein Flug mit 27 Männern, die nach Kabul abgeschoben werden sollten. Vor dem Flughafen protestierten rund 100 Menschen.
Gegen 21 Uhr wurden in Hannover die ersten Geflüchteten teils an den Händen gefesselt in die Flughafenbusse geführt – unter Solidaritätsbekundungen der Demonstrant*Innen. Um 21.55 Uhr hob die Boeing 767 der spanischen Charterlinie „Privilege Style“ in Richtung der afghanischen Hauptstadt Kabul ab.
27 afghanische Männer sollten zurück nach Afghanistan überführt werden. Laut Bundesinnenministerium sind 26 von ihnen straffällig geworden. Eine Abschiebung aus Niedersachsen, eine aus Schleswig-Holstein und zwei weitere aus Hamburg konnten vorher noch kurzfristig von den zuständigen Verwaltungsgerichten verhindert werden.
Ein afghanischer Mann aus Leer dürfe laut Verwaltungsgericht Oldenburg so lange nicht abgeschoben werden, bis über einen vorliegenden Eilantrag entschieden würde. Die zuständige Ausländerbehörde beantragte daraufhin die Haftauflösung. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen betont aber, dass seine Abschiebung bei Ablehnung des Eilantrags nachgeholt werden könne.
Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der Sozialwissenschaftlerin Friederike Stahlmann verlassen die meisten abgeschobenen Geflüchteten nach ihrer Ankunft in Afghanistan wieder das Land, da ihnen Gewalt und Diskriminierung drohen.
Seit 2016 wurden über tausend Afghan*innen aus der Bundesrepublik abgeschobenen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge werte eine Vielzahl an Quellen aus, um eine für das Asylverfahren umfassende Erkenntnislage über die Situation vor Ort zu gewinnen, so Marek Wede, Sprecher des Bundesinnenministeriums. Die Bundesregierung beobachte Wede zufolge die Lage und ihre Entwicklung in Afghanistan sorgfältig.
Das Land steht auf dem letzten Platz des Global-Peace-Index. Seit dem gewaltsamen Vormarsch der Taliban kommt es dort in den letzten Monaten zu Fluchtbewegungen. Trotzdem hält Deutschland an den Abschiebungen nach Afghanistan fest.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Autounfälle
Das Tötungsprivileg