Saleh und die Vergesellschaftung: Politischer Instinkt ohne Wirkung
Der SPD-Fraktionschef sieht das Scheitern der Mietenpolitik des Senats ein. Sein Vorstoß für das Rahmengesetz hilft aber nur ihm, nicht den Mietern.
E s ist immerhin ein kleiner Erkenntnisfortschritt, zu dem der SPD-Fraktionschef Raed Saleh da gekommen ist. Als erster Koalitionspolitiker scheint er einzuräumen, dass der schwarz-rote Senat mit seiner bisherigen Mietenpolitik blank dasteht und von den privaten Wohnungskonzernen an der Nase herumgeführt wird. Und dass er reagieren muss, wenn er sich selbst und die Berliner:innen ernst nehmen möchte, wie Saleh es selbst formuliert hat.
Anlass für die Erkenntnis ist die Ankündigung der börsennotierten Vonovia vom Juli, Mieten um die maximal möglichen 15 Prozent zu erhöhen, statt sich wie im Wohnungsbündnis vereinbart, auf 11 Prozent zu beschränken. Vonovia war der letzte private Akteur, der das eh schon zahnlose „Bündnis für bezahlbare Mieten“, aufgekündigt hat. SPD und CDU hatten darauf bislang stets so reagiert, als wären sie die Untergebenen einer regierenden Immobilienbranche. Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) nannte den Affront „bedauerlich“.
Saleh dagegen hat immerhin das politische Gespür dafür, dass man sich als Politik nicht vorführen lassen darf. Was ihm als Reaktion einfiel, ist die Forderung nach einer Umsetzung des Vergesellschaftungsrahmengesetzes. Ein Gesetz, das keinerlei praktische Wirkung entfalten wird und zu allem Überfluss von Schwarz-Rot auch noch verschleppt wird. Salehs Handlungsaufforderung an den Senat ist eine Erinnerung an dessen eigene Vorhaben, ohne dass Mieter:innen davon etwas hätten.
Signal nach innen
Doch in der Kommunikation ist das geschickt. Saleh kriegt Schlagzeilen, kann sich gar als Mieterschützer gerieren. Gleichzeitig ist sein Vorstoß ein Signal hinein in die SPD. Dem altgedienten Platzhirschen schwimmen seit der Wahl der Partei-Rechten Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel als Parteivorsitzende die Felle davon. Seine Projekte wie die kostenfreie Kita oder das kostenlose Schulmittagessen werden infrage gestellt. Saleh kämpft ums politische Überleben und sucht neue Verbündete, etwa in der eher linken Parteibasis, die der Vergesellschaftung von Wohnraum immer aufgeschlossen gegenüberstand.
Zu Ende gedacht hat der Fraktionschef seine Idee aber nicht, denn dann müsste er sagen, was sein Ziel ist. Die bloße Verabschiedung eines Rahmengesetzes kann es nicht sein. Sollte Saleh verstanden haben, dass die Profitinteressen der Privaten auf dem Wohnungsmarkt weder mit freiwilligen Vereinbarungen noch mit Symbolpolitik eingegrenzt werden können, müsste er das einzig Richtige fordern: ein Gesetz, das die Vergesellschaftung der großen privaten Immobilienbestände regelt. Alles andere sind Nebelkerzen.
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