Sabine am Orde über den Entwurf für ein neues Integrationsgesetz: Alles andere als historisch
Mehr als 60 Jahre nach Anwerbung der sogenannten Gastarbeiter bringt die Bundesregierung ein Integrationsgesetz auf den Weg. Es kommt viel zu spät, hätte aber dennoch ein Zeichen sein können, dass man Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen will. Genau das aber leistet der Gesetzentwurf nicht. Statt zu zeigen: So schaffen wir das gemeinsam mit der Integration, stellt er vor allem viele kleinteilige Bedingungen und sendet ein altbekanntes Signal: Wir bezweifeln, dass ihr euch integrieren wollt.
Manches aus dem Gesetz erschwert sogar die Integration, statt sie zu ermöglichen. So kann auch anerkannten Flüchtlingen künftig ein Wohnort zugewiesen werden. Das soll „Ghettobildung“ verhindern. Es kann aber auch dazu führen, dass Flüchtlinge in abgelegenen Gegenden landen, wo es zwar Wohnungen gibt, aber keine Jobs, und statt einer Community, die auffängt und unterstützt, eine feindselige Bevölkerung. Gleichzeitig wird ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht anders als bisher an Arbeit geknüpft – und an Deutschkenntnisse. Was aber, wenn man, wie viele Neuankömmlinge zurzeit, keinen Platz im Deutschkurs bekommt, weil es zu wenige gibt?
Vom Recht, die Familie bei sich zu haben, und dem Schulbesuch der Kinder wird in dem Gesetzentwurf gar nicht gesprochen. Immerhin gibt es auch Positives: Junge Flüchtlinge, die einen Ausbildungsplatz haben, müssen für die Dauer der Lehre keine Abschiebung mehr fürchten. Gut ist auch, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Vorrangprüfung entfällt, Flüchtlinge also nicht erst einen Job bekommen können, wenn dafür kein Deutscher oder EU-Ausländer zu haben ist.
Ein „historisches Gesetz“ aber, wie einige der Macher vollmundig bekundeten, ist der Entwurf bei Weitem nicht. Die Aufgabe, vor der Deutschland mit der Integration der Flüchtlinge steht, kann man historisch nennen. Der Gesetzentwurf wird dieser Aufgabe nicht gerecht.
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