SPD und Klimapolitik: Die Jusos machen Druck
Die SPD hat sich beim Klimaschutz lange zurückgehalten. Doch nun wollen die Jusos das Thema nicht länger den Grünen überlassen.
Die SPD stand bei diesem Streit bisher ein bisschen abseits. Zwar hat Olaf Scholz dem Thema Klimaschutz in seinen Wahlkampfauftritten stets viel Raum gegeben. Doch mit konkreten Forderungen hielt sich die Partei auffällig zurück: Erneuerbare Energien sollen stärker ausgebaut werden, aber wie stark, bleibt offen. Ein Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor wird im Wahlprogramm nicht erwähnt Der CO2-Preis soll steigen, aber nicht zu schnell, sondern nur in dem Ausmaß, wie schon mit der Union beschlossen. Beim Kohleausstieg will Scholz am Jahr 2038 festhalten, wenn er in der Lausitz vor Kohlekumpeln spricht; bei einer Diskussion mit Umweltverbänden hält er dagegen ein Vorziehen für wünschenswert.
Grundsätzlich für den Klimaschutz sein, aber zugleich niemanden verärgern, indem die Verantwortung für unangenehmen Maßnahmen anderen überlassen wird: Das war bisher der Kurs der SPD. Doch nun steigt in der Partei der Druck, sich klarer zu positionieren. Um Vertrauen bei der jungen Generation zurückzugewinnen, müsse man klar zeigen, „dass wir die Frage Klimaschutz nicht nur bei den Grünen verortet sehen, sondern ganz deutlich auch bei der SPD“, sagte etwa die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal schon kurz nach der Wahl. Diese Woche sagte sie der Rheinischen Post: „Ein Kohleausstieg 2038 ist deutlich zu spät.“
Und diese Stimme hat Gewicht, denn die Jusos stellen fast ein Viertel der neuen SPD-Bundestagsfraktion. Auf deren Einfluss hofft auch Kai Niebert, Präsident des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring und selbst SPD-Mitglied: „Da sind etliche neue, junge Gesichter dabei, die im Wahlkampf Klimaschutz als Industrieprojekt, als Gewinnerthema erlebt haben“, sagte er der taz am wochenende. „Das müssen sie nun auch leben.“
Zentral Rolle Kanzleramt
Das Umweltministerium wird die SPD in einer neuen Regierung kaum behalten, denn dieses Kernthema werden die Grünen sich vermutlich nicht nehmen lassen. Doch eine zentrale Rolle wird die Partei auf jeden Fall spielen, wenn sie mit Olaf Scholz den Kanzler stellt. Denn auch wenn das Umweltministerium formal für den Klimaschutz verantwortlich ist, fallen wichtige Entscheidungen über die Höhe der Emissionen in vielen anderen Ressorts.
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Damit die Aufgabe gelingt, sei eine gute Koordination unabdingbar, betont auch Andreas Kuhlmann. Der Sozialdemokrat ist Geschäftsführer der staatlichen Deutschen Energieagentur, die in dieser Woche eine neue Studie über den Weg zur Klimaneutralität vorgestellt hat. „Jede einzelne Aufgabe ist machbar, aber alle gemeinsam zu erledigen, ist eine große Herausforderung“, sagte er dabei – und folgert: „Es braucht eine starke Steuerung im Kanzleramt.“
Auch wenn er zugesteht, dass die SPD in der Vergangenheit mit der Relevanz der Klimapolitik immer wieder gehadert hat, traut er ihr diese Aufgabe jetzt vorbehaltlos zu. „Da hat sich in den letzten Jahren wirklich viel verändert“, sagt Kuhlmann der taz am wochenende. „Die Dringlichkeit des Themas ist angekommen, auch durch den öffentlichen Druck. Und zumindest das programmatische Fundament schlummerte auch in der SPD schon immer.“
Geleitet werden könnte das Kanzleramt künftig von Wolfgang Schmidt, einem langjährigen Vertrauten von Olaf Scholz, der ihm zuletzt als Staatssekretär im Finanzministerium diente. Und auch der scheint verstanden zu haben, wie wichtig das Thema für die SPD ist, um zukunftsfähig zu bleiben. Zwei Tage vor der Wahl kommentierte er auf Twitter den Berliner Klimastreik mit den Worten „The kids are alright.“ Welche Konsequenzen seine Partei aus dieser Erkenntnis zieht, werden die nächsten Wochen zeigen.
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