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SPD-Regionalkonferenz in SaarbrückenDas Rennen ist offen

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die SPD sucht basisdemokratisch eine neue Spitze. Der Anfang der langen Kandidatenkür in Saarbrücken gestaltet sich erstaunlich lebendig.

Werden schon als Favoriten gehandelt: Norbert Walter-Borjahns und Saskia Esken Foto: dpa

D ie SPD ist ja so etwas wie der kollektive Blitzableiter der Republik geworden. Für die Hippen ist sie zu altmodisch, für die richtigen Linken zu opportunistisch, für die Nationalisten zu liberal und für alle zu langweilig. Am Mittwochabend war zur ersten SPD-Regionalkonferenz in Saarbrücken auch die „heute show“ angerückt – in Erwartung mannigfacher Peinlichkeiten.

Dass das Willy-Brandt-Haus sogar Outfit-Tipps an die KandidatInnen verschickt hatte, ließ ja Schamvolles erwarten. Mehr als ein Dutzend GenossInnen präsentierten sich, die die SPD führen wollen, die Älteste ist 76 Jahre. Und dieses Format gibt es 23-mal. Die Vorabpresse war SPD-typisch mies. Hat Olaf Scholz eigentlich nichts Besseres zu tun?

Falsch. Für Häme gibt es keinen Anlass. In Saarbrücken konnte man eine konzentrierte Debatte erleben, rund um die sozialdemokratische Kernkompetenz Sozialstaat, verknüpft mit Klimaschutz und Digitalisierung. Politisch sind drei Fraktionen auf dem Platz. Die Realos (Olaf Scholz & Klara Geywitz und Boris Pistorius & Petra Köpping), die unbedingt in der Groko bleiben wollen, auch wenn sie das nur verdruckst sagen. Dann die moderaten Regierungslinken (Gesine Schwan & Ralf Stegner, Michael Roth & Christina Kampmann). Und die Linken, die lieber jetzt als später aus der Groko aussteigen wollen (Karl Lauterbach & Nina Scheer, Norbert Walter-Borjans & Saskia Esken, Hilde Mattheis & Dierk Hirschel).

Nach dem ersten Auftritt in Saarbrücken ist klar: Die Warnung, dass so viel Basisdemokratie nicht zur SPD passt, ist Unsinn. Es wurde mit Argumenten gekämpft, mal pfiffig, mal unoriginell, mal erwartbar, mal überraschend. Es gab wenig harte Konfrontation. Das ist dem Format geschuldet, das Kürze und schnelle Themenwechsel erzwingt. Aber es existiert in der Partei auch mehr inhaltlicher Konsens, als man so meint.

Es wurde erfreulicherweise weit weniger gebrüllt als auf SPD-Parteitagen. Schon das ist ein ästhetischer Fortschritt

Es wurde erfreulicherweise weit weniger gebrüllt als auf SPD-Parteitagen. Schon das ist ein ästhetischer Fortschritt. Das Rennen ist übrigens offen: Scholz & Geywitz und Borjans & Esken scheinen leicht favorisiert, aber das kann täuschen.

Diese Selbstverständigungsdebatten werden die gravierenden Probleme der SPD nicht lösen. Die technokratische Verholzung der Apparatepartei existiert weiter, ebenso die drängende Frage, ob das Konzept einer konsensorientierten Volkspartei in einer von Filterblasen und Individualisierung geprägten Öffentlichkeit überlebensfähig ist. Aber: Die SPD kann eine lebendige, pulsierende Partei sein. Es gibt Schlimmeres.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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5 Kommentare

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  • & Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - korrekt

    “and again: it`s Entertainment Stupid! DSDS Deutschland sucht die Supervorsitzenden. Best show wins.“

    kurz - SPezialDemokraten - “…was soll man euch - was soll man euch - nur ra'a'a'ten?…“

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Das Problem der SPD ist, dass sie ihre Politik immer mehr an deny Interessen der Wirtschaft und speziell der Konzerne sowie der oberen 10-30% ausgerichtet hat und die unteren 20-50% mehr oder weniger nur in Sonntagsreden und Alibi-Aktionismus berücksichtigt werden.

    Immer mehr Menschen merken dies. Bei der CDU/CSU ist dies sicherlich noch schlimmer, aber die würden sowieso seltener von den unteren 50% gewählt, also macht sich das dort nicht so bemerkbar.

    Wenn die SPD diese Politik ändern würde, wäre dies ein Weg zu besseren Ergebnissen, aber dazu wäre u.A. Folgendes zu tun:



    1. Vermögenssteuer für die oberen 5%, die mindestens 25 Mrd. bringt.



    2. Internationale Konzerne zahlen in Deutschland einen höheren Steuersatz als der Mittelstand.



    3. jeder, der voll arbeitet, muss von dem Verdienst leben können und eine Familie ernähren können.



    4. Er muss davon auch eine Rente erhalten , von der er mit Frau leben kann.



    5. Steuern auf Kapitalerträge sind mindestens so hoch wie auf Arbeit.



    6. Deutsche mit Wohnsitz im Ausland zahlen Ihre Steuern trotzdem in Deutschland (machen die USA auch so)



    7. Konzerne zahlen ihre Steuern dort, wo sie den Umsatz machen (Runterrechnen der Gewinne geht nicht mehr)



    8. Steuerhinterziehung wird mit dem 10 fachen der hinterzogenen Steuern bestraft (ist ja schließlich bei Schwarzfahren auch so)



    9. Es gibt keine Sondergerichtsbarkeit für Konzerne (auch keine staatlichen Handelsgerichtshöfe)



    10. Der Mittelstand wird nirgendwo schlechtergestellt als Konzerne. Im Gegenteil werden Nachteile aktiv ausgeglichen.



    11. Die Bevorzugung der Wirtschaft bei der EEG Umlage hört auf.



    12. Es wird alles getan, dass die über 50 Mrd. Schäden bei CUM-Ex- Geschäften zurückgezahlt wird, notfalls durch höhere Steuern bei den Reichen.



    13. Die Steuern bei Reichen werden so erhöht, dass die Schere zwischen Reich und Arm nicht weiter auseinandergeht, sondern wieder etwas zusammenläuft.



    etc. etc.

    Wenn die SPD das nicht macht, wird sie sterben.

    • @64984 (Profil gelöscht):

      Wunderbare Liste!



      Änderung des Erbschaftsrechts fehlt noch. Die politische Regelung von Erbschaften, Vermögenssteuer und Kapitalverkehrssteuer sind wichtie Instrumente des sozialen Ausgleichs. Und alle, die sagen, dass sei doch Schnee von gestern: Die Vermögenssteuer brachte in den 90ern Gelder in der Höhe der Kapitalverkehrssteuer in 2010

      • 6G
        64984 (Profil gelöscht)
        @Hambule:

        ja, ich hatte noch verschiedene Punkte, wie Erbschaftssteuer, Klimaschutz, Energiewende, Hartz Iv, wohnen, aber es gibt anscheinend maximum von Zeichen.

  • Die Politik, die Parteien...machen einen Scheiß mittlerweile...weltweit.



    Ist das alleinige Ziel wahrgenommen zu werden und Medien zu bedienen die das dankbar aufnehmen ...News halt ! Breaking News sogar!



    Es ist volkommen irrelevant was beim Vorstellungstag des SPD - Vorsitzes passiert oder diskutiert wird. Einfach nur noch unterirdisch absurd und randständig für mich als Nicht-SPD Mitglied. Und so breit in den Medien.

    SPD: Macht Politik, eine gute, dann werdet ihr gewählt. Wollt ihr euch demontieren, dann weiter so.



    (Im Falle Trump und Johnson eher positiv zu bewerten diese mediale Nabelschau statt Politik zu machen für die Wähler)