SPD-Politiker in der Abgasaffäre: Alles „Fake News“
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) weist Vorwürfe zurück, er habe früher als bislang bekannt vom VW-Abgastestbetrug erfahren.
Die Behauptungen, das VW-Aufsichtsratspräsidium sei von Piëch frühzeitig über den Dieselskandal informiert worden, seien „nicht bewiesen und nicht beweisbar“, sagte Weil, der für das Land Niedersachsen, das Anteile an VW hält, im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzt. Im Frühjahr 2015 habe es von keiner Seite Hinweise an ihn gegeben, Volkswagen nehme unzulässigerweise Einfluss auf Schadstoffwerte. „Davon habe ich erst am 19. September 2015 erfahren.“
Offenbar ganz anders die Darstellung von Ex-Aufsichtsratschef Piëch. Vor der Staatsanwaltschaft Braunschweig habe er ausgesagt, Weil und weitere Aufsichtsräte hätten bereits Anfang März 2015 von Hinweisen auf Abgasmanipulationen in den USA erfahren, berichtete am Mittwochabend die Bild am Sonntag vorab. Piëch belastete demnach das damalige Aufsichtsratspräsidium, dem neben Weil auch Betriebsratschef Bernd Osterloh, der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber und Anteilseigner Wolfgang Porsche angehörten.
Um Licht ins Dunkel zu bringen – einige Medien berichten gar über eine Beteiligung des israelischen Inlandsgeheimdienstes –, will der Abgasuntersuchungsausschuss des Bundestages Piëch vorladen. Mittlerweile diskreditierten sich die VW-Oberen medienwirksam gegenseitig, sagte der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens (Linke). „Wenn mit so viel Dreck geworfen wird, ist der Wolfsburger Sumpf wohl noch tiefer als bisher angenommen.“ Piëch stehe im Zentrum der Auseinandersetzung und müsse sich auf eine Vorladung gefasst machen.
Piëch Auftritt könnte spannend werden
„VW sollte die Zeichen der Zeit erkennen und sich nicht länger in die Volkswagenburg zurückziehen“, so Behrens. Es könne nicht sein, dass niemand etwas gewusst haben wolle und jetzt entgegen allen Ankündigungen der Abschlussbericht der VW-internen Ermittlungen nicht veröffentlicht werden solle. „Grundlage für einen echten Zukunftspakt bei Volkswagen ist die schonungslose Aufklärung des Abgasbetruges; das sollten alle Beteiligten begreifen.“
Piëchs Auftritt vor dem Ausschuss könnte spannend werden. Ex-VW-Chef Martin Winterkorn hatte vor dem Gremium im Januar die Antwort auf konkrete Nachfragen, wann er was wusste, mit dem Hinweis auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen in Braunschweig gegen ihn verweigert – niemand muss sich schließlich selbst belasten. Gegen Aufsichtsratsmitglieder ermittelt die Braunschweiger Behörde aber nicht. Piëch könnte also auspacken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“