SPD-Pläne für Berlin: Streit mit CDU ist eingepreist
Neue Heime und die Ausbildungsumlage: Die Pläne der SPD-Sozialsenatorin für 2025 dürften teilweise für Konflikte mit der CDU sorgen.
Die SPD-Politikerin braucht dringend einen Erfolg bei der Neuakquise von großen Unterkünften. Führende CDU-Politiker wie der Regierende Bürgermeister Kai Wegner hatten zuletzt wiederholt erklärt, die Zeltstadt mit aktuell 6.500 Plätzen müsse erweitert werden. Gleichzeitig blockierten CDU-Abgeordnete im Hauptausschuss die Finanzierung mehrerer neuer Heime und Hostelplätze, die Ersatz für Tegel schaffen würden. „Wir sind uns hier mit der CDU nicht immer einig“, gab Kiziltepe zu. Aber man werde im Frühjahr im Senat darüber sprechen müssen, da der Senatsbeschluss zu Tegel Ende 2025 auslaufe.
Einen weiteren Konflikt mit der CDU sieht die SPD-Senatorin in ihrem zweiten Themenfeld Arbeit auf sich zukommen. Hier scheint alles auf die Einführung einer Ausbildungsplatzumlage hinauszulaufen – wenn auch erst ab 2026 statt wie ursprünglich geplant ab Mitte 2025. Bis Ende des Jahres müssten 2.000 zusätzliche Ausbildungsverträge (im Vergleich zu 2023) abgeschlossen werden, sagte Kiziltepe – davon sei man bisher „weit entfernt“.
Gelinge dies nicht, werde Berlin – wie in der Koalition vereinbart – die Ausbildungsplatzumlage einführen. Betriebe, die nicht ausbilden, müssen dann in eine Kasse einzahlen, aus der Ausbildungsplätze finanziert werden. Aktuell gibt es eine Lücke von 3.700 Plätzen beziehungsweise Jugendlichen, die in diesem Jahr keine Ausbildung bekommen haben.
Umlage laut Gericht rechtens
Die CDU hatte die Umlage 2023 nur widerwillig mit beschlossen und seither immer wieder dagegen agitiert. Kiziltepe zeigte sich davon unbeeindruckt: „Es gibt eine Vereinbarung, ich halte mich daran.“ Sie verwies dabei auf ein Gerichtsurteil in Bremen, das die Umlage kürzlich für rechtens erklärte.
Auch sonst hat Kiziltepe in diesem Jahr einiges vor. So will sie eine „Schutzunterkunft“ für Betroffene von Arbeitsausbeutung eröffnen, die bei Razzien gegen „Schwarzarbeit“ entdeckt werden. In der Schutzunterkunft könnten Betroffene – oft Arbeitsmigranten aus Osteuropa – leben, bis sie auf juristischem Weg ihren Lohn eingefordert hätten.
50 neue Schutzplätze sollen 2025 auch für von Gewalt betroffene Frauen entstehen, kündigte Kiziltepe an. „Die Zahl der Femizide zeigt, dass dies dringend nötig ist.“ Bisher hat Berlin 521 Schutzplätze in Frauenhäuser und Fluchtwohnungen – zu wenig für all die Frauen, die vor häuslicher Gewalt fliehen müssen. Laut Istanbul Konvention müsste Berlin 871 Plätze vorhalten.
Um die Situation von Berliner*innen mit wenig Geld zu verbessern, möchte die Verwaltung von Kiziltepe in diesem Jahr zwei digitale Projekte realisieren. Zukünftig sollen ab dem 29. Januar unter der Webseite fairgnuegen.berlin.de über 400 ermäßigte und/oder kostenfreie Kultur-, Sport- und Bildungsangebote für die über 700.000 sozialleistungsberechtigten Berliner*innen zusammengefasst werden. Es gebe inzwischen ja sehr viele Angebote für Menschen mit wenig Geld, so Kiziltepe, „aber bisher fehlt es an Übersichtlichkeit“. Um die Angebote in Anspruch nehmen zu können, müsse man mit einem Leistungsbescheid nachweisen, dass man anspruchsberechtigt ist, ergänzte Kiziltepes Sprecher auf Nachfrage.
Mehr Stadtteilzentren
Das zweite neue Onlineangebot soll „Soziales Dach Berlin“ heißen, einen Link dafür gibt es noch nicht. Diese Plattform soll über berlinweite soziale Beratungs- und Unterstützungsangebote informieren. Ziel sei es, „allen Berliner:innen eine Orientierungshilfe für die vielen Angebote in Berlin zu geben“, so Sprecher Stefan Strauss.
Des Weiteren will Kiziltepe in diesem Jahr 12 zusätzliche Stadtteilzentren eröffnen. Damit gebe es dann berlinweit 48 dieser Einrichtungen, die als Orte der Begegnung „Sozialpolitik greifbar machen“ sollen, erklärte sie. Da sie als Jugendliche in den 1990er Jahren selbst miterlebt habe, wie viele Jugendzentren und Freizeittreffs damals schließen mussten, sei ihr dieses Thema ein „persönliches Anliegen“. Und sie sei froh, dass sie, trotz des hohen Spardrucks, in diesem Jahr über 20 Millionen Euro für Stadtteilzentren und Selbsthilfezentren zur Verfügung habe. Dazu kämen weitere 3 Millionen Euro für die mobile, also aufsuchende, Stadtteilarbeit.
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