SEPA-Umstellung kommt später: EU muss Notbremse ziehen
Bis Februar sollte alles umgestellt sein, nun ist ein halbes Jahr länger Zeit: Die Umstellung aufs einheitliche Überweisungsverfahren verzögert sich.
BRUESSEL taz | Eigentlich wollte sich EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier im neuen Jahr etwas ausruhen. Schließlich knabbert er noch am Großprojekt einer Bankenunion, das vor Weihnachten beschlossen worden war. Doch gestern stand der Franzose schon wieder an vorderster Front in Brüssel: Barnier musste eingestehen, dass das neue Sepa-System für Banküberweisungen nicht wie geplant voran kommt – und die Einführung um sechs Monate in die Ferienzeit auf Anfang August vertagen.
Die Umstellungsrate sei bisher „nicht hoch genug, um einen reibungslosen Übergang“ zu Beginn des kommenden Monats zu gewährleisten, erklärte Barnier. „Ich bedauere, dies tun zu müssen, aber das ist eine Vorsichtsmaßnahme, um dem Risiko von Zahlungsunterbrechungen und möglichen Folgen besonders für Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen entgegenzuwirken.“ Zuvor hatte die Bundesbank Alarm geschlagen.
Die Abkürzung Sepa steht für „Single Euro Payment Area“, also einen einheitlichen Zahlungsraum für Transaktionen in Euro. Das entsprechende EU-Gesetz wurde 2012 wirksam und soll einen einheitlichen Zahlungsverkehrsraum schaffen. Dazu gehören die 28 EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz und Monaco. Ziel der Umstellung ist eine Vereinfachung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs, also vor allem der Banküberweisungen.
Allerdings ist die Umstellung mit viel Aufwand verbunden. So werden die bisherigen Kontonummern und Bankleitzahlen abgeschafft und durch neue IBAN-Nummern ersetzt. Daneben gibt es auch noch die internationale Bankleitzahl BIC. Um die neuen Daten zu verarbeiten, müssen die Unternehmen, aber auch viele Vereine, ihre Buchungssoftware umstellen. Dabei sind viele Firmen offenbar in Verzug geraten.
Kritik von Verbraucherschützern
Auch viele Verbraucher stehen dem neuen System skeptisch gegenüber: Wer nicht gerade Überweisungen ins europäische Ausland tätigt, hat kaum Vorteile davon, muss sich aber komplizierte neue Nummern und Buchstabenkombinationen merken. Und die haben es in sich: Wer eine Fehlüberweisung veranlasst, etwa mit einem Zahlendreher, ist künfitg „schlechter gestellt als früher“, sagt Frank Christian Pauli vom deutschen Verbraucherzentralenverband. In diesem Fall müsse man schauen, dass man sein Geld zurückbekommt. Dabei müssten die Banken helfen, allerdings geschehe das auf Kosten und Risiko der Verbraucher.
Barnier will dem komplizierten neuen System durch den Aufschub mehr Luft verschaffen – doch erstmal sorgte er für Verwirrung. Denn zunächst war unklar, ob sein überraschender Vorstoß mit der Europäischen Zentralbank abgestimmt war. Die EZB will am offiziellen Umstellungstermin am 1. Februar festhalten. Außerdem müssen das Europaparlament und der Ministerrat dem Vorschlag des Kommissars noch zustimmen. Ob dies vor dem 1. Februar über die Bühne gehen kann, muss sich zeigen.
Klar ist nur, dass die Verschiebung einen großen Rückschlag für Barnier und die Banken bedeutet. Sie hatten sich von SEPA mehr Zahlungsgeschäfte und sinkende Gebühren versprochen. Doch verschleppen nicht nur Firmen und Vereine, sondern auch einige EU-Länder die Reform. Nach Angaben der Bundesbank waren im November 2013 in Deutschland erst 32 Prozent aller Überweisungen im Sepa-Format. Zahlen aus anderen Ländern liegen nicht vor, doch sie dürften nicht wesentlich besser aussehen. Barnier hat gerade noch rechtzeitig die Notbremse gezogen. In Deutschland, wo Sepa besonders unbeliebt ist, dürften ihm dies viele hoch anrechnen.
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