SAP streicht Geschlechtervielfalt: Nur so divers, wie Trump erlaubt
Das Softwareunternehmen SAP beugt sich dem US-Präsidenten. Der deutsche Konzern dürfte nicht der letzte sein, der Geschlechtervielfalt aufgibt.

D er US-amerikanische Kulturkampf erreicht nun auch deutsche Unternehmen. Es ist ernüchternd, was das Handelsblatt am Sonntag berichtet: Der Softwarekonzern SAP will demnach das Ziel von 40 Prozent Frauenanteil in der Belegschaft kippen und die USA bei der Quote der weiblichen Führungskräfte nicht mehr einbeziehen. Auch bei der Vergütung des Vorstands soll Geschlechtervielfalt kein Maßstab mehr sein.
Als „global agierendes Unternehmen mit einer starken Präsenz in den USA“ müsse man auf „aktuelle gesetzliche Entwicklungen“ reagieren, so die duckmäuserische Begründung des Konzerns. SAP liegt mit seinem Rückzieher im Trend. Schon im April hatte auch die US-Tochter der Telekom, T-Mobile, ähnliche Schritte angekündigt.
Nach MeToo und dem Tod von George Floyd hatten sich zahlreiche Konzerne mehr Diversität auf die Regenbogenfahne geschrieben. Sensibilisierungstrainer:innen kamen den Anfragen kaum hinterher.
Von linker und materialistischer Seite stand der Corporate-Feminismus hingegen schon länger in der Kritik. Er interessiere sich zu wenig für Ausbeutung und wirtschaftliche Ungleichheit, so die Kritik, sondern eher für die Repräsentanz der Marginalisierten in der Elite. Nun fletscht Trump einmal mit den Zähnen, und die Konzerne rollen sich sofort auf den Rücken. Den Anteilseignern ist wenig überraschend egal, wie die Belegschaft aussieht, die ihre Profite erwirtschaftet.
In dem Kulturkampf liegt die reaktionäre Rechte klar vorn. US-Linke wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez machen es gerade richtig, wenn sie auf ihrer Anti-Oligarchie-Tour quer durch die USA den Fokus auf ökonomische Gerechtigkeit legen, um rechts Paroli zu bieten. Denn Angestellte und Arbeiter:innen – egal welcher Hautfarbe oder welchen Geschlechts – vereint ihre Prekarität. Wer an der Wahlurne erfolgreich sein will, muss auf breite Koalitionen setzen.
Wenn die Reallöhne nach Jahrzehnten der Austerität endlich wieder steigen, sind die Menschen vielleicht auch weniger anfällig für reaktionäre Spaltpilze.
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