piwik no script img

Russlandtag in Meck-PommNetworking im Bernsteinsaal

Die Schweriner Regierung veranstaltet ihren Russlandtag – trotz aller Kritik. In Rostock treffen sich Politik, Wirtschaft und: Gerhard Schröder.

Im Hotel Neptun in Rostock findet der Russlandtag statt. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Hotel Neptun am Warnemünder Ostseestrand hatte zu DDR-Zeiten einen ausgezeichneten Ruf. Einheimische Urlauber stiegen dort ebenso ab wie Gäste aus dem nichtsozialistischen Ausland. Nur ein Makel wird dem Luxushotel nachgesagt: Der Empfang von Westfernsehen sei nur in den Richtung Westen gelegenen Zimmern möglich gewesen.

Der Bernsteinsaal des Neptuns liegt auf der Ostseite des Gebäudes, ARD und ZDF gab es dort früher also nicht zu sehen. Den Gästen, die sich an diesem Mittwoch dort versammeln, dürfte das allerdings herzlich egal sein. Politiker und Wirtschaftsvertreter aus Deutschland und Russland treffen sich, um die „guten Handelsbeziehungen weiter zu stärken“. So formuliert es die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern, die an der Ostsee ihren Russlandtag veranstaltet – aller Kritik zum Trotz.

Zuletzt forderten die Grünen die rot-schwarze Landesregierung dazu auf, die Veranstaltung angesichts der Ukraine-Krise und der Sanktionen gegen Russland abzusagen. Im Schweriner Landtag stellten sie einen entsprechenden Antrag. Grünen-Fraktionschef Jürgen Suhr sagte: „Mecklenburg-Vorpommern stellt sich gegen außenpolitische Entscheidungen der Bundesregierung und unterläuft damit die Bemühungen, den Konflikt zu lösen.“ Auch aus den eigenen Parteien erhielt die Landesregierung Gegenwind: Der Russlandtag müsse zumindest verschoben werden, forderte der mecklenburgische Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg (CDU).

Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) verteidigt die Veranstaltung dagegen seit Wochen. „Es ist besser, im Gespräch zu bleiben, als Brücken abzubrechen“, sagte er im Landtag, bevor die Regierungsfraktionen den Grünen-Antrag ablehnten. Zudem sei Russland einer der wichtigsten Handelspartner des Bundeslandes, das von den Seefahrtsrouten über die Ostsee in die Region um Sankt Petersburg profitiere.

Die Gästeliste ist sauber

Außerdem, so die Landesregierung, habe die EU durch ihre Sanktionen gegen Russland zwar die Ausfuhr bestimmter Produkte verboten und Einreiseverbote gegen einzelne Personen verhängt. Von den russischen Gästen der Veranstaltung in Rostock-Warnemünde stehe allerdings niemand auf dieser Liste. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gab dem Russlandtag seinen Segen. Die Veranstaltung bewege sich im Rahmen der EU-Beschlüsse, sagte er auf einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin.

Und so stand dem Russlandtag samt Vorabendempfang nichts mehr im Wege. Die Kritik im Vorfeld scheint der Veranstaltung dabei nicht geschadet zu haben, zumindest mit Blick auf den Andrang: Nach Angaben der Landesregierung ist das Treffen überbucht, mit über 400 statt der erwarteten 250 Gäste.

Einer davon: Altbundeskanzler Gerhard Schröder. Als Ehrengast spricht er am Mittwoch im Hotel Neptun. Dass er mit Kontakten nach Russland trotz der Ukraine-Krise keine Probleme hat, ist bekannt. Im April hatte er auf seinem Geburtstagsempfang in Sankt Petersburg den russischen Präsidenten Wladimir Putin umarmt und geriet dafür in die Kritik. Außerdem leitet er den Aufsichtsrat der Nord Stream AG, die die Ostseepipeline zwischen Russland und Mecklenburg-Vorpommern betreibt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!