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Russisches Uran auf dem Weg nach LingenNachschub für die Brennelementefabrik im Emsland

Ein russischer Atomfrachter ist in Rotterdam angekommen. AKW-Gegner warnen vor dem Einstieg von Putins Atomkonzern Rosatom in die Lingener Fabrik.

Ein Produktionsfacharbeiter in Lingen überprüft mit Uran angereicherte Brennstäbe Foto: Friso Gentsch

Eine neuerliche Lieferung mit angereichertem Uran ist nach Angaben von Atomkraftgegnern auf dem Weg ins niedersächsische Lingen. Der russische Atomfrachter „Mikhail Dudin“ liege seit Sonntagabend im Rotterdamer Hafen vor Anker, berichteten mehrere Bürgerinitiativen. Der Onlinedienst „VesselFinder“, mit dem die weltweiten Bewegungen von Seeschiffen in Echtzeit verfolgt werden können, bestätigt die Angaben.

In Rotterdam sollten Lastwagen womöglich noch am Montag das Uran übernehmen und nach Lingen bringen. In der dortigen Brennelementfabrik wird es zu Brennstäben für Atomkraftwerke verarbeitet. Die Fabrik gehört dem französischen Atomkonzern Framatome, sie ist – wie die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau – vom deutschen Atomausstieg ausgenommen und beliefert AKWs in mehreren europäischen Ländern.

Die Anti-Atom-Initiativen nehmen den aktuellen Uranimport zum Anlass für Warnungen an die Bundesregierung. Kanzler Friedrich März müsse „für ein Ende der verantwortungslosen Atomgeschäfte mit dem Kreml sorgen“. Zudem müsse Merz verhindern, dass das Bundesumweltministerium das Land Niedersachsen anweise, die geplante Kooperation von Framatome in Lingen mit dem „Kreml-Konzern“ Rosatom abzusegnen. Es verdichteten sich Hinweise, „dass genau dies noch vor Weihnachten geschehen könnte“. Vom Bundeskanzleramt und dem Umweltministerium in Berlin gibt es für solche Hinweise allerdings keine Bestätigung.

Klar ist: Framatome will mithilfe von Rosatom in Lingen auch Brennstäbe für Atomkraftwerke sowjetischer beziehungsweise russischer Bauart produzieren und dabei in einem Joint Venture mit Rosatom kooperieren. Entsprechende Anträge liegen dem niedersächsischen Umweltministerium zur Genehmigung vor. Ressortchef Christian Meyer (Grüne) gilt zwar als Kritiker des Vorhabens, in der Atompolitik ist der Bund allerdings weisungsbefugt und hat das letzte Wort. Spezialisten von Rosatom waren bereits im Frühjahr 2024 für mehrere Wochen in Lingen, um – vor der Öffentlichkeit in einer aufgegebenen Fabrik versteckt – ihre deutschen Kollegen zu schulen.

Rosatom ist am Krieg gegen die Ukraine beteiligt

Aus Sicht von Alexander Vent von der Initiative AgiEL – Atom­kraft­geg­ne­r:in­nen im Emsland zeigt die Ankunft der „Mikhail Dudin“, „wie dringend das Problem der Atomgeschäfte zwischen Deutschland und dem Kreml ist“. Framatome setze in Lingen massiv auf russisches Uran und für die Belieferung Osteuropas auf russisches Know-how und russisches Fachpersonal. Statt vom Kreml unabhängig zu werden, verstricke sich Framatome in Lingen immer weiter in die geopolitischen Atomprojekte Russlands.

„Eine Empfehlung der Bundesregierung zum Ausbau der Brennelementefabrik Lingen wäre sicherheitspolitischer Wahnsinn“, sagt Bettina Ackermann von der Anti-Atom-Organisation.ausgestrahlt. Rosatom sei direkt am Krieg gegen die Ukraine beteiligt: „Wie kann man so einem Unternehmen Zugang zur atomaren Infrastruktur in Deutschland gewähren?“ Die Bundesregierung müsse das klare Signal senden, dass eine Kooperation mit Rosatom nicht in Frage komme.

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