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Russische Menschenrechtler wehren sichKlage gegen den Agentenstatus

Russlands älteste Menschenrechtsorganisation Memorial wehrt sich gegen die Repressalien der Regierung. Man will sich nicht als „ausländischer Agent“ registrieren lassen.

Demo gegen Putin in Russland: Die Regierung mag Kritiker ihrer Politik nicht. Bild: dpa

MOSKAU rtr | Die älteste russische Menschenrechtsorganisation wehrt sich gerichtlich gegen die Einstufung als „ausländischer Agent“. Die Organisation Memorial will damit verhindern, dass sie von Behörden gezwungen wird, sich unter dem neuen Status zu registrieren. „Wir gehen zum Gegenangriff über“, sagte Memorial-Chef Alexander Tscherkassow. Er warf den Behörden einen Rückfall in Sowjetzeiten vor. Memorial unterwerfe sich dem neuen Gesetz nicht, weil es dem Staat helfe, die Kontrolle zu verstärken.

Russland hatte im vergangenen Jahr die Kontrolle über Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) verschärft und ein Gesetz erlassen, wonach sie sich als „ausländische Agenten“ registrieren lassen müssen, wenn sie Geld aus dem Ausland bekommen. Nun drohen Tausenden Organisationen Geldstrafen oder sogar das Aus, weil sie den Anweisungen nicht nachgekommen sind.

Behörden durchsuchten zudem Büros von zahlreichen Stiftungen und Organisationen. Auch die Vertretungen der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung und der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung waren betroffen. Dagegen protestierte auch die Bundesregierung.

Kritiker sehen das Vorgehen der russischen Regierung als Versuch, nach dem Massenprotesten im vergangenen die Autorität von Präsident Wladimir Putin zu stärken. Memorial wurde 1987 auf Initiative von Andrej Sacharow und fünf weiterer Dissidenten gegründet, die ein Denkmal für die Opfer der Stalin-Herrschaft errichten wollten.

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8 Kommentare

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  • B
    Benz

    @muh

    Gemäss FARA löst jegliche finanzielle Unterstützung aus dem Ausland, egal obs Millionen oder nur ein paar Dollar sind, die Registrierungspflicht aus (22 U. S. C. §611) Memorial wird von der Böll-Stiftung finanziert, einer Stiftung der deutschen Grünen Partei, d.h. die Finanzierung kommt aus dem Ausland. Somit müsste sich Memorial auch in den USA als ausländischer Agent anmelden.

     

    ''Arbeiten die nun für die Grünen, die Soros-Stiftung usw.''

    Das ist egal. Eine ausländische Finanzierungsquelle reicht aus.

     

    ''Sich keinen Deut um lokale Gesetze kümmern'' bezieht sich nicht auf die Klage von Memorial. Sondern auf die Memorials Aussage, die Registrierung auf jeden Fall zu verweigern. Obwohl das Gesetz sie klipp und klar vorschreibt.

     

    ''aber hauptsache russische obrigkeitsstaatlichkeit verteidigt''

    Es geht in erster Linie um die freie Meinungsbildung. Das US-Justizministerium spricht bezüglich des FARA von ''protect american democracy''. Stellen Sie sich mal den umgekehrten Fall vor- wäre es Ihnen angenehm, wenn russische politische Parteien in DE heimlich Stiftungen unterhalten würden, die auf die öffentliche Meinung in DE Einfluss zu nehmen versuchen oder vorgeben, im Namen des deutschen Wählers zu sprechen? Möchten Sie nicht auch wissen, in wessen Auftrag solche Stiftungen tätig wären, wer die Hintermänner sind?

  • B
    Benz

    @Fred

    Lassen wir doch persönliche Angriffe bleiben, konzentrieren wir uns besser auf Inhalt und Argumente. Da meine Kommentare angeblich nur Schenkelklopfen hervorrufen, dürfte es Ihnen ja sehr leicht fallen, mich zu widerlegen. Aber bislang sind Sie eher mit Parolen als mit fundierter Argumentation aufgefallen.

     

    ''Is' mir neu, daß sich Umweltschutz-, AIDS- und Waisenhilfe-NGOs in den USA als "ausländischer Agent" registrieren lassen müssen.''

    Das ist so. Laut dem 'Foreign Agents Registration Act' muss sich ausnahmslos jede NGO, die in den USA tätig ist und aus dem Ausland Geld erhält, als ausländischer Agent registrieren lassen. Welcher Art die Tätigkeit der NGO ist, ob nun politisch oder z.B. Aidshilfe, spielt dabei keine Rolle. Sie sehen, das russische NGO-Gesetz ist sogar noch milder als das amerikanische, in RU müssen sich nur politische NGOs registrieren lassen. Interessant, nicht wahr? Was sagen Sie dazu?

  • F
    Fred

    @Benz

    Is' mir neu, daß sich Umweltschutz-, AIDS- und Waisenhilfe-NGOs in den USA als "ausländischer Agent" registrieren lassen müssen. Sowas Schräges bekommt nur Ihr Russen hin.

  • M
    muh

    ziemlich viel schwachsinn in den kommentaren.

    der FARA betrifft personen und organisationen die direkt oder indirekt unter ausländischer kontrolle stehen. beides trifft auf memorial nicht zu. memorial arbeitet weder in ausländischem auftrag noch haben die unterstützer nenneswert einfluss auf die politische und soziale arbeit der organisation.

     

    so nebenbei gefragt, arbeiten die nun für die grünen, george soros (soros-stiftung, ebenfalls finanzielle unterstützung), mckinsey (der gegenwärtige präsident der ford-stiftung, auch so eine unterstützerorganisation, hat 18 jahre da gearbeitet), die UN (UNHCR ...) oder die EU? Oder hat es am ende ganz andere gründe dass manche sich so auf die grünen fixieren?

     

    naja, was an einer klage "sich [k]einen deut um lokale gesetze kümmern" ist, wird wohl auch nichtmehr aufgeklärt. achja, so btw, unrecht wird nicht dadurch zu recht dass man es in paragraphen gießt.

     

    aber hauptsache russische obrigkeitsstaatlichkeit verteidigt und gleichzeitig die usa und die grünen gebasht.

  • F
    Fred

    @Benzol: Quatschen kostet nix, behaupten kann man alles. Auch daß Russlands Diktator ein lupenreiner Demokrat sei. Newspeak gibt es nicht nur in Orwells 1984.

    Mit Ihren regelmäßigen Kommentaren sind Sie bei taz.de übrigens genau richtig. Die Leserschaft der taz gehört ohne Zweifel zum aufgeklärtesten und progressivsten Teil der deutschen Gesellschaft. Ihre aus der Zeit gefallenen Kommentare, die fatal an den Newspeak von Prawda und Izvestija der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts erinnern, dürften Sie regelmäßig herzliches Schenkelklopfen und Gelächter hervorrufen. Sie und die taz-Leserschaft, da trifft das vormoderne Russland auf die westliche Postmoderne.

  • B
    Benz

    @Fred

    Nicht ganz richtig, das mit dem Vorbild. Das Vorbild für das neue russische NGO-Gesetz war der Foreign Agents Registration Act der USA.

  • F
    Fred

    Kim Il-Putin zieht weiter die Daumenschrauben an. Der Freak in Moskau hat sich den Freak in Pjöngjang zum Vorbild genommen.

  • B
    Benz

    In unnachamhmlicher Arroganz erklärt diese NGO frei heraus, dass sie sich einen Deut um lokale Gesetze kümmert und sich nicht registrieren lassen will. Wer sich so verhält, muss sich nicht wundern wenn das die Behörden auf den Plan ruft.

     

    Die NGO Memorial wird von der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung gesponsert. Diese wiederum ist ein Vehikel der deutschen Grünen: Die Grünen liefern das Geld, der Leiter der Böll-Stiftung ist Parteimitglied der Grünen. Somit steht hinter Memorial eine ausländische politische Partei. Es ist völlig logisch, dass Memorial deshalb ein ausländischer Agent und nicht Teil der russ. Zivilgesellschaft ist.

     

    Es ist sehr zu begrüssen und dient der Transparenz, dass solche ausländischen Interessenvertreter sich nun offen als solche zu erkennen geben müssen.