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Russisch-amerikanische BeziehungDer Neustart ging daneben

Vor drei Jahren versprachen sich Russland und die USA, ihre Beziehung zu verbessern. Syrien, Raketenabwehr und Freihandel verhindern dies.

2009 in Genf hielten sie noch Händchen: Lawrow und Clinton. Bild: reuters

GENF taz | Mit dem Verbot für US-Bürger, russische Kinder zu adoptieren, das am Mittwoch das russische Oberhaus verabschiedete, haben die Beziehungen zwischen den USA und Russland einen neuen Tiefpunkt erreicht. Nach der Wahl von US-Präsident Barack Obama hatten beide Seiten im Frühjahr 2009 noch die Absicht zur grundlegenden Verbesserung der Beziehungen bekundet.

US-Außenministerin Hillary Clinton und ihr russischer Amtskollege Sergei Lawrow drückten bei ihrem ersten Treffen Anfang März 2009 in Genf symbolisch auf einen „Reset“-Knopf. „Dies ist ein Neustart, nicht nur um die bilateralen Beziehungen zwischen uns zu verbessern, sondern auch um die Welt in wichtigen Bereichen zu führen“, erklärte Clinton. Lawrow unterstrich, Russland hoffe „auf eine engere wirtschaftliche Bindung beider Staaten“. Doch die Hoffnungen blieben unerfüllt.

Stattdessen eskalierte der Streit um das Raketenabwehrvorhaben von USA und Nato. Mit Blick auf den Iran und sein umstrittenes Atomprogramm nehmen die Gegensätze zwischen Moskau und Washington nach zeitweiser Kooperation wieder zu. Zur größten Belastung der bilateralen Beziehungen in den letzten vier Jahren geriet aber der Syrien-Konflikt, der nach Einschätzung vieler Beobachter nicht nur ein Bürgerkrieg zwischen Regierung und Opposition, sondern auch ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland sowie China ist.

Auf der positiven Seite der Bilanz steht lediglich die Anfang 2011 erfolgte Ratifizierung des neuen START-Abkommens zur weiteren Reduzierung und Begrenzung strategischer Atomwaffen. Mit diesem Abkommen ist die noch aus dem Kalten Krieg stammende Agenda zur bilateralen Rüstungskontrolle aber erst einmal abgehakt.

Auch bei der wirtschaftlichen Kooperation gab es in den letzten vier Jahren kaum Fortschritte. Auf diesem Gebiet befindet sich Russland als Land mit den weltweit größten Gasreserven sowie den sechstgrößten Ölvorräten zumindest nach Einschätzung der Regierung Putin für die nächsten 20 Jahre in einer Position der Stärke und muss daher den Forderungen der USA nach verbesserten Investitionsbedingungen und dem Abbau von Handelsbarrieren nicht nachkommen.

Die Tendenz zu einer Verschlechterung der russisch-amerikanischen Beziehungen wird nach Ansicht von Nikolai Slobin, Direktor der Russland- und Asien-Programme des US-Zentrums für Verteidigungsinformation, anhalten. Nach Slobins Ansicht ist das Potenzial für die Verbesserung der bilateralen Beziehungen weitgehend ausgeschöpft. „Keine der Seiten kann aus diesen Beziehungen wirtschaftliche Vorteile schlagen“, sagte er.

Das Thema Militärpolitik sei das einzig zentrale, daher seien die bilateralen Kontakte für jegliche politischen und internationalen Krisen äußerst anfällig. Da aber die Kompromisse im Nahen Osten und in der Raketenschild-Problematik erschöpft seien, würden sich die Beziehungen weiter verschlechtern.

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4 Kommentare

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  • R
    Russe

    Die USA ein dynamischer Weltstaat? - Das Land steht vor einer absoluten Sinnkrise. Der Wirtschaftsliberalismus hat den gesellschaftlichen Zusammenhalt fast komplett vernichtet. Auch die Zahl der Einwanderer nimmt immer mehr zu. Amerika war immer darauf angewiesen, dass möglicher wirtschaftlicher Erfolg die Gesellschaft zusammenhält die ansonsten enormes kulturelles Konfliktpotenzial birgt. Was das schrumpfende Russland angeht, so muss ich leider mit dieser Mär aufräumen: Seit der Volkszählung 2010 ist die Bevölkerung von 142,86 Mio. auf heute 143,4 Mio. gestiegen. Die Geburtenzahl 2012 wird etwa 1,9 Mio. betragen und ist 3 mal so hoch wie in der BRD. Bitte nicht ständig Halbwahrheiten und schlichte Unwahrheiten verbreiten!

  • K
    klopper

    hunx, Sie sind ja ein richtiger Schlaumeier, wohl Soziologie und Politik studiert, wa?

     

    Trotzdem ein schönes Leben noch in 2013 und hoffentlich eine stark sinkende Auflage, denn Eure Zeitung unterscheidet sich von den anderen Käseblättern in keinster Weise mehr.

  • B
    Benz

    Der Neustart schien mir eh nur Propaganda zu sein. Solange die USA weiterhin so agressiv auftreten, weltweit Angriffskriege führen und nach Rohstoffen gieren, werden sie keine Freunde finden, unter zunehmend selbstbewussten Staaten wie RU schon gar nicht.

  • H
    hunx

    Freihandel verhindert generell gar nichts, sondern ganz pauschal verschlechtert Unfreihandel Beziehungen. Das war also eher oekosozialistisch/oekochristlich ideologisch.

     

    Richtig ist hingegen, dass es wenig gemeinsame Interessen zwischen den USA und Russland gibt.

     

    Die USA sind ein radikal wachsender Weltstaat (5 Mio., alle zwei Jahre, seit der Wende um ueber 50 Mio. Deutschland haette heute fast 100 Mio. Einwohner, wuerden sie so dramatisch zulegen), Russland hingegen nahm ab, stagniert, wird in Zukunft erst recht radikal abnehmen. Sie haben nur eines: eine grosse Flaeche

     

    Da zudem sowieso sowieso ein gewisser Teil der Mittelschicht auswandert, naemlich ins inspirierende Amerika (oder Australien, Kanada, UK, eben die besten Demokratien der Erde, die liberalen angelsaechsischen, die daher ja auch die meiste Zugkraft haben),

     

    Das gleiche Problem hat China.

     

    Es ist durchaus verstaendlich, dass in Russland oder China eine starke Ordnungspolitik betrieben wird um das Land zusammenzuhalten. Aber ab einer gewissen Stufe bedarf es wirklicher demokratischer Strukturen. Denn sonst passiert genau dies: Wuensche der aufstrebenden Bildungsbuerger werden woanders erfuellt (manchman durchaus nur eingebildet), die "Sicherung" von erreichtem ist unter Staaten mit Willkuer einfach nie gegeben, daher wandern auch die gern mal ab. Ein grundsaetzliches Problem aller defizitaeren Diktaturen.

     

    Nur wirklich pragmatische autoritaere Staaten wie Singapure etc. koennen das einigermassen ausgleichen.