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„Runder Tisch“ in der UkraineDialog ohne Separatisten

Ein „Runder Tisch“, an dem die Separatisten nicht teilnehmen, soll Frieden in der Ukraine bringen. So will es die Regierung in Kiew. Kritik kommt aus Moskau.

Ob der Dialog die verfeindeten Seiten wieder zusammenbringen kann? Bild: dpa

KIEW/MOSKAU dpa | Die ukrainische Übergangsregierung will am Mittwoch in Kiew einen „Runden Tisch zur nationalen Einheit“ ins Leben rufen und einen Dialog für eine Friedenslösung beginnen. Vertreter der prorussischen Kräfte aus dem Osten der früheren Sowjetrepublik sind allerdings nicht eingeladen. Die prowestliche Regierung lehnt Gespräche mit den Separatisten ab.

Zu den Verhandlungen erwartet werden Regierungsmitglieder sowie politische und gesellschaftliche Persönlichkeiten der Krisenregionen Donezk und Lugansk. Moskau kritisierte den „Unwillen“ der prowestlichen Machthaber in Kiew zu direkten Gesprächen mit ihren Gegnern vor der Präsidentenwahl am 25. Mai.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte eine Teilnahme prorussischer Separatisten an den Gesprächen von einem Gewaltverzicht abhängig. Es seien nur die willkommen, die glaubhaft machen könnten, ihre Ziele ohne Gewalt erreichen zu wollen. „Gewalt zur Lösung der eigenen Probleme darf nicht angewendet werden“, sagte Merkel am Dienstag in Berlin. Die USA lobten die ukrainische Übergangsregierung für die Einberufung des Runden Tisches.

Die Zentralregierung der Ukraine betonte, Verhandlungen seien nur mit Kräften möglich, die „legitime politische Ziele“ und „kein Blut an den Händen“ hätten. Die moskautreuen Separatisten hatten sich am Sonntag in einem international umstrittenen Referendum von der Ukraine losgesagt und ihre selbst ernannten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk für unabhängig erklärt. Anschließend forderten die Separatisten Russland auf, die Ostukraine zu annektieren. Der Westen bezeichnete das Referendum als illegal.

Steinmeier zu Besuch in der Ukraine

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warb bei einem Besuch in Kiew und Odessa für einen „nationalen Dialog“. Er sagte mit Blick auf die ukrainische Präsidentenwahl: „Ich hoffe, dass die Wahl so stattfindet, dass es anschließend gelingt, eine nach vorn gerichtete Atmosphäre vorzufinden.“ Wichtig sei, dass möglichst viele Wahlberechtigte tatsächlich auch abstimmen könnten, betonte der SPD-Politiker bei Gesprächen mit Übergangsministerpräsident Arseni Jazenjuk in Kiew.

An dem Runden Tisch zur Lösung der innenpolitischen Krise sollen nach Angaben aus Kiew Regierungschef Jazenjuk sowie die Ex-Präsidenten Leonid Kutschma und Leonid Krawtschuk teilnehmen. Auch Wolfgang Ischinger – deutscher Ex-Botschafter und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz – werde für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwartet. Ferner sollen Kandidaten der Präsidentenwahl sowie führende Persönlichkeiten aus den krisengeschüttelten Regionen Donezk und Lugansk in das Parlament, die Oberste Rada, kommen.

Das russische Außenministerium forderte die ukrainische Führung auf, den „Fahrplan“ der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zur Krisenlösung umzusetzen. Das Militär müsse abgezogen und gefangene Aktivisten sollten freigelassen werden.

Jazenjuk lehnte es am Abend in Brüssel ab, den OSZE-Plan für einen nationalen Dialog zu unterstützen. Dieser Dialog sei Sache der Ukrainer: „Es ist großartig, wenn ein Plan der ukrainischen Regierung eine Reihe von Ähnlichkeiten mit einem Plan der OSZE hat.“

Gabriel sieht Mitschuld des Westens

SPD-Chef Sigmar Gabriel weist Russland nicht die alleinige Schuld an der Ukraine-Krise zu. „Sicher hat auch die EU Fehler gemacht, aber das rechtfertigt nicht das Verhalten Russlands. Es war sicher nicht klug, in der Ukraine den Eindruck zu erwecken, sie müsse sich zwischen Russland und der EU entscheiden“, sagte Gabriel der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. „Aber noch mal: Das war und ist keine Rechtfertigung, ein Land ins Chaos zu stürzen“, betonte Gabriel.

In der Ostukraine ereignete sich ein Angriff der Separatisten etwa 20 Kilometer westlich der Großstadt Kramatorsk. Prorussische Kräfte feuerten auf einen Militärkonvoi. Dabei wurden am Dienstag mindestens sechs Soldaten getötet und acht verletzt. Die Einheit war laut Verteidigungsministerium in einen Hinterhalt geraten. Im abtrünnigen Gebiet Lugansk wurde der selbst ernannte „Volksgouverneur“ Waleri Bolotow angeblich bei einem Attentat angeschossen. Die Separatisten machten Regierungskräfte dafür verantwortlich.

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7 Kommentare

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  • Blut und Eisenpolitik 2

    Wird immer noch gefordert die Wahlen in der Ost Ukraine am 25. Mai stattfinden zu lassen? Ein Journalist kommentierte gestern, nur, wenn man sie militärisch absichert. Also so, wie man die Wahlen auf derr Krim kritisiert hat. Das war doch auch vor 2 Wochen schon klar. Wieso droht man und berät man neue Sanktionen, anstatt vorrausschauend Lösungen für die verunsicherten Menschen dort gemeinsam zu suchen. Man traut sich nicht? Ich würd Steinmeier auch nicht trauen. Als nächstes kommt ihr noch auf die Idee, das Wahlvolk mit Gewalt zur Urne, zur Wahlurne zu treiben.SPD? Wer bist du? Erklär mal deine Politik.

    Die Vorhersagemaschine glaubt: Wer Geld hat, der hat Erfolg. Wer Erfolg hat der hat Recht. Wer Geld hat, der hat Recht.Sagen die Börsen…Kann ich nix für, wegen des Berechnungskoeffizienten : Wachstum = (Löhne + Arbeitsplätze + Bevölkerungswachtum )= Minus +Börse=PLUSHalten wir uns 3, oder 4 Mio Arbeitslose? Weil nach Erwerbsregel188 große Nachfrage nach Arbeit= niedrige Löhne, bei Vollbeschäftigung 0 kleine Nachfrage=hohe Löhne. …? Apropo, was fehlt: Hady Khalil, Berliner Sparkasse, KTO:1062759091, BLZ: 10050000. Stichwort: 1 Euro fürs Rechthaben. Jetzt auch auf youtube: „Perfekt“. Perfekt für die Morgenmeditation.Click me for more. Now in english, also. Vielen Dank.

  • Blut und Eisenpolitik

    Europa rückt zusammen, ein (positives) Ergebnis der Ukrainekrise? Nein. Warum führt Steinmeier mit Georgien ein nAssoziierungsabkommen mit Georgien? Ist das eine Maßnahme zur Deeskalation? Oder eine Massnahme die Krise zu eskalieren? Wie kann Putin überhaupt auf westliche Forderungen nach Truppenabzug eingehen bei solchen doppelbödigen Botschaften.Wird die Ukraine Krise benutzt um, Europa zu einigen, auf undemokratische Weise? SPD Politik? Oder im Auftrag der CDU. Statt für Europa demokratische Strukturen zu schaffen, soll Europa mit Blut und Eisen zusammengezwungen werden, SPD? Gleichzeitig arbeiten CDU und die Kanzlerin daran die Europawahlen für den Wähler unattraktiv zu machen, indem man im Vorfeld erklöärt, dass man sich die Wahl des Kommissionspräsidenten vorbehält? Dann ist ja sowieso egal, wen man wählt…. Am Ende ist das EU Parlament noch mehr eine Schwatzbude, so sich Ska Keller austoben kann und die Kommission bekommt umso mehr Macht, vorrausgesetzt der rechte Kandidat „gewinnt“. Ausnahmsweise mal einig mit einem CSU Abgeordneten. Ist die ganze Krise vom Westen inszeniert, um eine Europäische Diktatur zu schaffen, SPD? Wenn die übergeordnete Struktur, in der man lebt undemokratisch ist, man gleichzeitig 80 % der Gesetzgebung an diese Struktur abgibt, was ist dann die Demokratie n och wert? Mal das Bundesverfassungsgericht fragen? SPD? Auf Kosten wievieler Menschenleben in der Ukrainekrise SPD? War das mit den USA abgesprochen mit den 400 US Söldnern? Haben noch andere Länder Söldner geschickt? Jetzt könnte man ja sagen, kein Problem. Die ost Ukrainer müssen sich nur in ihr Schicksal ergeben. Und wir in unseres Freiheit für das TTIP. SPD mutierst du auch zur Geheimgesellschaft? Warum soll man dich wählen? Du machst dich zum Handlanger der Blut und Eisen Politik.

  • Man kommt aus dem Staunen nicht mehr raus , ... - über unsere "seriösen" Mainstream-Medien ! Tag für Tag Artikel und Kommentare über den Ukraine-Konflikt . Doch seltsam : man scheint sich überhaupt nicht dafür zu interessieren , welche Figuren da am 25/5 zur Wahl stehen , was die politisch "auf der Rolle" haben , von welchen Parteien die gestützt werden ; nirgendwo sieht und liest man etwas über einen laufenden Wahlkampf (Wer betreibt ihn ? mit welchen Mitteln ? von wem finanziert ? gibt es überhaupt einen ?)

    Liegt es vllt. daran , dass es dem Mainstream zu riskant erscheint , solches zu thematisieren und Artikel darüber zu bringen , weil sonst jedem/jeder vorab die Wahl als Inszenierung einer verlogenen Farce in die Augen springen müßte ? Soll das möglichst im Dunkeln bleiben , weil ja rauskäme , dass die USA/CIA im ukrainischen Innenministerium die Fäden der Inszenierung in der Hand halten ?

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    "Es war sicher nicht klug, in der Ukraine den Eindruck zu erwecken, sie müsse sich zwischen Russland und der EU entscheiden“, sagte Gabriel der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post.

     

    Man wird das gleiche mit Georgien machen.

    Das Assoziierungsabkommen mit Georgien, das für August diesen Jahres vorgesehen ist, wird das land vor eine ähnliche Zerreissprobe stellen, wie die Ukraine.

    Und auch dann wird es wieder die klassischen Profiteure geben, siehe HUNTER BIDEN

     

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=21712

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/biden-und-ukraine-sohn-des-us-vizepraesidenten-arbeitet-fuer-gaskonzern-a-969348.html

  • Nach Befragung m e i n e r Glaskugel komme ich für heute und die nächsten drei Tage zu folgenden wahren Feststellungen :

    Wären Jazenjuk und Turtschinew aufrichtige ehrenhafte Zeitgenossen , die für die Zukunft der Ukraine nur das Beste erreichen wollten , könnten sie nicht zögern , im Hinblick auf die avisierte Präsidentenwahl vom 25. Mai ihre "Anti-Terrorkampf"-Truppe aus der Südostukraine (zumindest bis nach der Wahl...) zurückzubeordern . Sind sie aber nicht : sie sind Marionetten und Papageien der USA/CIA/Nato , am Bandel geheimer Gratifikationen , sprich : charakterliche Lumpen , die das in Washington geschriebene Drehbuch abarbeiten . Das nämlich sieht vor , die Wahl vorsätzlich zu einer legitimatorischen Farce werden zu lassen , den Konflikt in der Ostukraine weiter aufzuheizen und Russland zu einer militärischen Aktion zu reizen .

    Und Merkel/Steinmeier ? Können am Ende nur böse Miene zu dem Scheißspiel machen , das sie selbst mitverbockt haben . Vasallen eben ... heuchlerisch verlogene , die nur das Beste , Gute im Sinn haben , auch für alle Ukrainer*Innen .

  • Das sind ja sehr eigenartige Vorstellungen von einem „Runden Tisch“: Alle nicht genehmen Konfliktparteien ausschließen? Und Frau Merkel verteilt die Eintrittskarten? Die laufen ja wohl nicht ganz rund, die Kiewer Putschisten und ihre westlichen Unterstützer.

    Makabres Detail des schizophrenen Polit-Theaters: „Die Zentralregierung der Ukraine beton-te, Verhandlungen seien nur mit Kräften möglich, die „legitime politische Ziele“ und „kein Blut an den Händen“ hätten.“ – Da wird es wohl sehr einsam an diesem Tische werden ...

    Und, liebe taz-Redaktion: Der Satz „Anschließend forderten die Separatisten Russland auf, die Ostukraine zu annektieren“ sollte quellen- und formulierungsmäßig nochmal beleuchtet werden.

  • Wenn keine ostukrainischen Freiheitskämpfer an den Gesprächen teilnehmen dürfen, sollten aber auch gewaltbereite Putschisten vom Tisch fern gehalten werden. Nur wer redet dann noch miteinander?