Ruhrtriennale in Bochum: Türkische Musiker sagen Auftritt ab
Das „Hezarfen Ensemble“ wird nicht bei der Ruhrtriennale auftreten. Die Musiker sollen den Völkermord an den Armeniern verharmlost haben.
Hintergrund der Absage ist Kritik des Kölner Schriftstellers Dogan Akhanli, der dem „Hezarfen Ensemble“ und der Ruhrtriennale eine Relativierung des Völkermords an den Armeniern vorwirft. Im Programmheft heißt es, das Projekt der Musiker reflektiere „das Schicksal von Menschen und Völkern, nah an den Grenzen der Türkei, die aufgrund von Krieg und Umsiedlungen vertrieben wurden“. Als ein Beispiel werden „Umsiedlungen von Armeniern, Griechen und Türken zwischen 1915 und 1923“ genannt.
Akhanli hatte der Welt am Sonntag gesagt, mit dem Text im Programmheft werde „nicht nur die planmäßige und nationalistisch motivierte Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich zu einer Umsiedlung verharmlost, sondern der Genozid als solcher geleugnet“. Mit dem Begriff „Umsiedlung“ bediene sich die Ruhrtriennale genau des Schlüsselwortes, das Genozid-Leugner und der türkische Staat seit Jahren propagierten.
Das „Hezarfen Ensemble“ erklärte, durch die Kritik werde seine Arbeit benutzt, „um falsche Urteile und Annahmen über uns zu treffen, einfach weil wir ein Ensemble aus der Türkei sind“. Auf der Ruhrtriennale-Webseite stand am Dienstag ein geänderter Text, in dem von „unermesslichem Leid durch Vertreibungen und Umsiedlungen“ die Rede ist.
Auch Antisemitismusvorwürfe
Die Ruhrtriennale, die bis zum 23. September stattfindet, sah sich zuvor bereits Antisemitismusvorwürfen ausgesetzt. Intendantin Stefanie Carp hatte einen Auftritt der schottischen Band „Young Fathers“ abgesagt, die der umstrittenen israelkritischen Bewegung BDS (Boycott, Divestment, Sanctions) nahesteht.
Später lud sie die Musiker wieder ein, was diese aber ablehnten. Politiker und jüdische Verbände übten scharfe Kritik, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) besucht deshalb in diesem Jahr die Ruhrtriennale nicht. Als Reaktion auf die Debatte soll am Samstag eine Podiumsdiskussion über die Kunstfreiheit stattfinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen