Rüstungsexporte in Kriegsgebiet: Waffen für fast eine halbe Milliarde Euro
Deutschland hat nach dem Angriff der Hamas in großem Stil Rüstungsgüter nach Israel geliefert. Ob die neue Regierung diese Praxis fortführt, ist offen.

Ob auch die neue Regierung von Union und SPD nach ihrem Amtsantritt am 6. Mai Exportgenehmigungen erteilt hat, geht aus dem Schreiben des Staatssekretärs Bernhard Kluttig nicht hervor. Bundesaußenminister Johann Wadephul hatte zuletzt weitere Genehmigungen in einem Interview der Süddeutschen Zeitung infrage gestellt.
Es werde geprüft, „ob das, was im Gazastreifen geschieht, mit dem humanitären Völkerrecht in Einklang zu bringen ist“, sagte der CDU-Politiker. „An dieser Prüfung ausgerichtet, werden wir gegebenenfalls weitere Waffenlieferungen genehmigen.“ Auf die Frage, ob dies auch dazu führen könne, dass Waffenlieferungen nicht genehmigt würden, bekräftigte Wadephul: „Das sagt ja die Formulierung.“
Klage in Den Haag
Die Union ist in dieser Frage allerdings uneins. Wie Wadephul hatte auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zuletzt seine Rhetorik gegenüber Israel deutlich verändert. Wenn das humanitäre Völkerrecht gebrochen werde, müsse sich auch der Bundeskanzler dazu äußern. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hingegen lehnt jede Form von Sanktionen gegen Israel ab. „Freunde kann man kritisieren, aber nicht sanktionieren. Das wäre das Ende der Staatsräson gegenüber Israel, und das ist mit der CSU nicht zu machen“, sagte Hoffmann dem Spiegel.
Um die deutschen Rüstungslieferungen an Israel gibt es seit Monaten Diskussionen. Beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag ist eine Klage des lateinamerikanischen Landes Nicaragua anhängig, das Deutschland wegen der Rüstungsexporte der Beihilfe zum Völkermord beschuldigt. Ende April 2024 wiesen die Richter einen Eilantrag zum Stopp der Lieferungen zwar ab. Der Forderung Deutschlands, die Klage Nicaraguas ganz zurückzuweisen, entsprachen sie aber nicht.
Der Linken-Verteidigungspolitiker Ulrich Thoden forderte von der Bundesregierung eine sofortige Einstellung aller Waffenlieferungen an Israel. „Anderenfalls könnte sie sich der Beihilfe zu Völkerrechtsverbrechen schuldig machen.“
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