Rüstungsexperte über Obama: "Keine spektakulären Schritte"

Rüstungsexperte John Pike über Abrüstungsverträge, politische Prioritäten und neue Namensschilder im US-Verteidigungsministerium. Vom neuen Präsidenten Obama erwartet er nicht viel.

Üben für den Raketenschirm: Diese 2001 in Kalifornien gestartete Rakete traf ihr Ziel. Andere verfehlten es. Bild: reuters

taz: Herr Pike, ein US-Präsident, der von der Abschaffung der Atomwaffen spricht, das sollte hoffen lassen, oder?

John Pike: Es gab viele Papiere in den letzten Monaten von berühmten Leuten, die dies als erstrebenswertes Langzeitziel angepriesen haben. Es ist eine Sache, ein Ziel vorzugeben. Eine andere Sache ist es, zu sagen, wie man dorthin kommen will. Alles, was in den letzten Wochen gesagt wurde, sind erst mal nur Worte. Noch weiß man nichts Genaues über die Atomwaffenpolitik der Obama-Regierung.

Immerhin wurden schon Verhandlungen über neue Abkommen angekündigt.

Es gibt Rüstungskontrollvereinbarungen mit den Russen, die bald auslaufen. Darüber haben sich die Leute in der Bush-Administration auch schon Gedanken gemacht Und da ist es nur natürlich, dass die Vorbereitung auf diese Verhandlungen weiterlaufen. Wenn jemand sagt, er sei offen für Verhandlungen, sagt dies nichts darüber, was für ein Abkommen schließlich dabei herauskommen wird.

Es wird keine spektakulären Abrüstungsschritte geben?

Ich habe da große Zweifel.

Der Präsident hat es auf seine Agenda gesetzt.

Wenn er ein politisches Schwergewicht für dies Aufgabe ernannt hätte, jemanden, der mit Staatschefs aus aller Welt zusammentreffen könnte, würde ich die Sache ernst nehmen. Gary Samore vom Council on Foreign Relations, der den Posten bekommen soll, ist ein guter Mann, aber er ist außerhalb der Rüstungskontrollzirkel kaum bekannt. Er bekommt praktisch seinen alten Job aus der Clinton-Präsidentschaft zurück. Es wird sich nicht um die Atomwaffen der USA kümmern, sondern vor allem um die Bomben anderer Leute.

Es geht also eher um Nichtverbreitung von Atomwaffen?

Es ist ein wenig das, was die Clinton-Regierung Counterproliferation nannte. Der Unterschied ist wahrscheinlich, dass sie sich ein wenig mehr auf Atom- und Biowaffen konzentrieren werden. Chemiewaffen sind für Terroristen nicht so attraktiv.

Aber wenn es den politischen Willen gäbe, könnten sie die Abrüstungsschritte doch durchsetzen.

Wer denn?

Außenministerin Hillary Clinton etwa. Sie hat bei der Anhörung vor dem US-Senat von einer Verkleinerung der Atomwaffenarsenale gesprochen.

Und wie viele Atomwaffen hat das Außenministerium? Keine einzige.

Ganz so machtlos ist das State Department aber nicht.

Aber Politik wird mit Personen gemacht. Der Verteidigungsminister heißt weiterhin Robert Gates. Er war es, der zuvor das Programm über die Erneuerung von Atomwaffensprengköpfen geleitet und nichts dafür getan hat, den Teststoppvertrag vom Senat ratifizieren zu lassen oder Verhandlungen mit den Russen in Gang zu bringen. Er wird wohl kaum derjenige sein, der die Initiative ergreift. Ich sehe nicht, dass jemand zum Pentagon geht und denen ihre Bomben wegnimmt.

Wenigstens bei der Raketenabwehr soll sich etwas ändern.

Obama sagt, die Abwehrsysteme müssten "kosteneffektiv" sein. Und wie wollen Sie das messen? Egal was Hillary diplomatisch erreicht, Nordkorea wird seine Atomwaffen nicht ganz aufgeben, und Iran wird auch ein Problem bleiben. Und dann kommen die Raketenabwehrleute und sagen: Wir können das Problem lösen! Und wenn diese Leute sagen, wir brauchen dazu Bodenstationen in Osteuropa, dann werden sie die auch bekommen.

Es wird weitergehen wie immer?

Nicht ganz. Bisher wurde zu Beginn jeder Präsidentschaft der Name der für die Raketenabwehr zuständigen Abteilung im Pentagon gewechselt. Das Austauschen der Namensschilder gehört zum Ritual.

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