Rückzug von der Ifa: Adieu, ihr Alten
Die ARD zieht sich von der IFA zurück und will dafür ihre Präsenz auf der re:publica stärken. Das Ziel: sich mit jungem Publikum austauschen.
A ls die ARD 2017 der IFA den Laufpass gab und sich der re:publica zuwandte, war das ein erster konsequenter Schritt in Richtung digitale Zukunft. Halt, Stopp! Die ARD hat die IFA 2017 gar nicht als so genannte „Leitmesse“ gestrichen und durch die re:publica ersetzt. Zwar hatten vor fünf Jahren einige in der ARD die Zeichen der Zeit erkannt (Offenlegung: Ich war damals Sprecher des vom MDR geführten ARD-Vorsitzes), aber mit der Umsetzung hat es ein bisschen gedauert. Genauer gesagt, bis diese Woche.
Mit fünfjähriger Verspätung haben die Intendant*innen jetzt nachvollzogen, was damals schon höchst sinnvoll war. „Die ARD war über viele Jahre gerne zu Gast bei der IFA und hat sich dort dem Publikum präsentiert“, sagt der amtierende ARD-Clubobmann Tom Buhrow vom WDR. Bloß dass sie da in den vergangenen Jahren ziemlich alleine war. D
Die Privatsender und auch das ZDF haben dem Gewusel rund um sprechende Kühlschränke und „Digital Health“ schon vor über einem Jahrzehnt die kalte Schulter gezeigt. Denn die IFA hat schon lange nichts mehr mit Rundfunk zu tun. Das hat „die inspirierendste Messe für Consumer Electronics und Home Appliances“ (IFA-Eigenwerbung) längst selbst erkannt und 2005 die „Internationaler Funkausstellung“ aus dem Titel gestrichen. Seitdem firmiert sie nur noch als „IFA“.
Bloß der RBB mietete tapfer für die ARD weiter Jahr für Jahr ’ne halbe Messehalle. Zuletzt die mit der Nummer 2.2, was nach taz-Recherchen allein für die Miete eine knappe halbe Million Euro kostete. Dass hier auch ein gewisser Wolf-Dieter Wolf eine Rolle gespielt haben könnte, ist laut RBB dagegen ausgeschlossen. Der war bekanntermaßen ja bis zum Sommer Aufsichtsratschef der RBB-Media (zuständig für kommerzielle Aktivitäten), Vorsitzender des RBB-Verwaltungsrats (zuständig für Finanzen) und Aufsichtsratschef der Messe Berlin (zuständig unter anderem für die IFA). Aber laut RBB in den ganzen ARD-IFA-Spaß „nicht involviert“.
Vorbild BBC
Lassen wir das mal so stehen. Denn „nun ist die Zeit für neue Dialogformate, um unmittelbarer und kontinuierlich mit allen Menschen im Gespräch zu bleiben“, so Tom Buhrow zum Wechsel zu re:publica. Quasi mit dem gleichen Wortlaut („Wir haben hier unmittelbaren Kontakt mit einem überwiegend jüngeren Publikum“) hatte sich die ARD zwar auch damals ihr IFA-Engagement schön gequatscht.
Aber auf der re:publica können alle noch was lernen. Zum Beispiel, wenn dort nächstes Jahr die BBC erzählt, wie sie bis 2030 alle linearen TV- und Radioprogramme stilllegen und komplett ins Internet gehen will. „Bei der IFA gibt es auch was zu lernen“, sagt die Mitbewohnerin. „Und vielleicht findet sich dort das richtige Home-Entertainment-Center für die WG. Dieses Projekt läuft auch schon 13 Jahre!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül