Rückkehr nach Berlin: Ex-Polizeichef wird Flüchtlingshelfer
Dieter Glietsch kehrt vier Jahre nach seinem Abschied nach Berlin zurück – als Co-Chef des Flüchtlingskrisenstabs.
![Der neue Flüchtlingskoordinator bei der Vorstellungsrunde. Der neue Flüchtlingskoordinator bei der Vorstellungsrunde.](https://taz.de/picture/674039/14/14401991.jpg)
24 Stunden werde der Mann zur Verfügung stehen. Es ist nicht gerade druckmindernd, wie Regierungschef Michael Müller (SPD) den Endsechziger neben sich vorstellt, der nun die Flüchtlingsunterbringung organisieren soll. Und Dieter Glietsch, früher neun Jahre Berliner Polizeipräsident, schränkt auch schnell ein: „Ein paar Stunden Schlaf brauche ich schon.“
Nach vier Jahren Ruhestand im Oberbergischen, einer idyllisch-hügeligen Landschaft östlich von Köln, ist Glietsch (68) zurück in Berlin. Nichts, womit er angeben könnte, habe er in der Zwischenzeit gemacht, erzählt er. Krimis würde er lesen wollen, war bei seinem Abschied 2011 zu hören gewesen. Nun soll er als Staatssekretär zusammen mit dem für diese Aufgabe freigestellten Staatssekretär für Soziales, Dirk Gerstle (CDU), den derzeit knapp 40-köpfigen Krisenstab leiten, der offiziell Koordinierungsstab heißt. Dort sitzen Polizei, Feuerwehr, Hilfseinrichtungen und Vertreter der Senatsverwaltungen und der Bezirke zusammen und kümmern sich um neue (Hilfs-)Unterkünfte für die Flüchtlinge und mehr Personal.
„Ich habe das Gefühl, dass wir das richtige und ein gutes Team sind“, sagte Glietsch über sich und seinen Kollegen, den er auch mehrfach so bezeichnete. Nach seiner Darstellung sagte er Müller auch erst zu, als er überzeugt war, dass der Regierungschef ihn nicht gegen den Willen von Gerstle und dessen Chef, Sozialsenator Maria Czaja (CDU), nach Berlin rufe. Das aber war für Glietsch offenbar die einzige Voraussetzung. Denn: „Wenn man nach vier Jahren im Ruhestand gefragt wird, da sagt man nicht Nein.“
Müller selbst betonte, dass der Wechsel an der Spitze des Mitte August eingerichteten Stabs „wie angekündigt“ erfolge– wie um klarzustellen, dass es nicht um eine Entmachtung von Czaja gehe. Vielmehr seien der Sozialsenator und er „in ständiger, enger Abstimmung“. Die Krisenmanager sollen beiden direkt berichten. Innerhalb der Doppelspitze soll sich der Sozialexperte Gerstle ums Fachliche, Glietsch sich ums Organisatorische kümmern. Glietsch selbst räumte ein, dass sich das oft nur schwer trennen lässt.
Zurück in Berlin trifft der Ex-Polizeichef auf altbekannte Gesichter in neuen Funktionen. Müller war bei seinem Abschied 2011 noch SPD-Fraktionschef, Czaja einfacher CDU-Abgeordneter. Sein vormaliger Polizei-Pressesprecher Bernhard Schodrowski sitzt an diesem Dienstag als stellvertretender Senatssprecher neben Glietsch vor den Journalisten.
Am Rande der Vorstellung nennt Czaja aktuelle Flüchtlingsprognosen: weiterhin rund 1.000 Menschen pro Tag. Eine auf Bezirksebene diskutierte Beschlagnahme privater Wohnungen schloss er quasi aus: Das – offiziell eine „Sicherstellung“ – sei gegen den Willen des Eigentümers nur möglich, wenn schon alle öffentlichen Immobilien, etwa Schulen und Turnhallen, als Unterkünfte genutzt würden. Bisherige Beschlagnahmungen seien im Einvernehmen mit dem Eigentümer und gegen Entschädigung erfolgt. Ob und wann das ICC und Gebäude des einstigen Flughafens Tempelhof Unterkünfte werden können, wird laut Czaja weiter geprüft.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!